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Architektur und Politik - Landesinitiative StadtBauKultur NRW

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Europa – Freier Markt für Dienstleistungen<br />

Prof. Dr. Norbert Walter<br />

Chefvolkswirt Deutsche Bank AG, Frankfurt<br />

Europa ist schon lange eine Baustelle <strong>und</strong> wird es auch noch<br />

lange bleiben. Selbst das Aussehen des fertigen Baues ist noch<br />

nicht sicher. Das ist wahrlich offene <strong>Architektur</strong>. Während das<br />

Bauwerk in der Innenansicht oft weniger attraktiv – weil unfertig<br />

– aussieht, ist es, in den Augen unserer beitrittswilligen Nachbarn<br />

in Ost- <strong>und</strong> Mitteleuropa von außen betrachtet, unzweifelhaft<br />

attraktiv. In weiter entfernten Teilen der Welt, gibt es sogar eine<br />

Art von Neid auf die europäische Zusammenarbeit <strong>und</strong> die europäischen<br />

Institutionen. Das ist in historischen Zeitverhältnissen<br />

eine sehr neue Entwicklung, denn viele Jahrh<strong>und</strong>erte lang hatte<br />

Europa ein gänzlich anderes Image.<br />

Wir Europäer haben viele Jahrh<strong>und</strong>erte lang – vor allem im<br />

Verlauf des frühen 20. aber auch im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert – die Welt<br />

durch Kriege <strong>und</strong> Eroberungen in Atem gehalten. Dieses kriegerische<br />

<strong>und</strong> sich zerfleischende Europa, das nach innen <strong>und</strong> nach<br />

außen keine Ruhe fand, hat nach dem zweiten Weltkrieg die<br />

Kraft <strong>und</strong> den Willen zu einer Neuausrichtung gef<strong>und</strong>en. Seitdem<br />

ist Europa nach innen eine permanente Baustelle mit vielen kleinen<br />

<strong>und</strong> großen Fortschritten, die das Bild nach außen formen.<br />

Das Ganze fing im Jahre 1952 mit der Schaffung eines gemeinsamen<br />

Marktes für Kohle <strong>und</strong> Stahl – zwei für die Nachkriegszeit<br />

elementare Güter – zwischen Deutschland, Frankreich, Italien<br />

<strong>und</strong> den Beneluxländern im Rahmen der so genannten<br />

Montanunion an. Wenig später, 1957, unterzeichnete dieselbe<br />

Staatengruppe die Römischen Verträge, deren Ziel die Bildung<br />

einer Zollunion, eines gemeinsamen Wirtschaftsraums war. Vieles<br />

von dem, was wir in den 40 Jahren danach entwickelt haben, ist<br />

im Gr<strong>und</strong>e in den Römischen Verträgen schon angelegt: der<br />

Abbau der Zölle, der freie Verkehr für Personen, Dienstleistungen<br />

<strong>und</strong> Kapital, ja sogar eine Angleichung der innerstaatlichen<br />

Rechtsvorschriften war anvisiert.<br />

Trotz der ehrgeizigen <strong>und</strong> zielbewussten Formulierung am Anfang<br />

der Integration Europas, wurde der europäische Integrationsprozess<br />

ständig hinterfragt. Umfang, d.h. Mitgliedsstärke, wie<br />

auch die Ausgestaltung der Institutionen im Hinblick auf die<br />

Vertiefung Europas wurden fortwährend überdacht.<br />

Heute nach mehr als 50 Jahren gibt es zwar keinen monotonen<br />

aber doch einen klaren Entwicklungstrend. Im Jahre 2003 steht<br />

Europa kurz vor einer weiteren, aufregenden Stufe, die dem<br />

Integrationsprozess an beiden Enden – sowohl hinsichtlich des<br />

Umfangs wie auch der Ausbildung der Institutionen – einen<br />

wirklichen dramatischen Schub gibt. Zum 1. Mai 2004 wird sich<br />

die EU 15 um acht weitere Länder aus Mittel- <strong>und</strong> Osteuropa<br />

erweitern.<br />

Später, 2007, werden wohl die beiden Nachzügler, Bulgarien <strong>und</strong><br />

Rumänien, folgen. Und bis 2010 werden die Nachfolgestaaten<br />

der Republik Jugoslawien auch dazugehören. Mit anderen Worten,<br />

in sieben Jahren ist Europa ein Europa der 30 Mitgliedsländer.<br />

Wir sind mitten in einer hochdynamischen Phase der europäischen<br />

Erweiterung. Nicht nur der Umfang der Europäischen Union<br />

vergrößert sich, auch die institutionelle Tiefe gewinnt hinzu:<br />

Heute an diesem Tag, dem 19. Juni 2003, treffen sich die Staats<strong>und</strong><br />

Regierungschefs der europäischen Union in Thessaloniki, an<br />

der Wiege unserer europäischen Geschichte in Griechenland.<br />

Sie beraten über die Entwürfe, die der Verfassungs-Konvent im<br />

Verlauf der letzten gut zwölf Monate erarbeitet hat. Die Idee dieses<br />

Konvents, aber noch viel mehr seine Zusammensetzung, ist<br />

phänomenal: Auch diejenigen, die noch nicht Mitglieder sind –<br />

wie Polen, Rumänen, Tschechen <strong>und</strong> Ungarn sind in diesem<br />

Gremium voll – mit allen Rechten <strong>und</strong> Pflichten – aufgenommen.<br />

Dieser umfassende Ansatz hat dem Konvent eine ganz besondere<br />

Prägung gegeben <strong>und</strong> nicht zuletzt viele gute Ideen für die<br />

Gestaltung eines Verfassungsentwurfs hervorgebracht.<br />

Es ist also schon viel geschehen. Doch bei aller Euphorie über<br />

die jüngsten Erfolge sollte man die Meilensteine, bzw. Epochen,<br />

im europäischen Integrationsprozess nicht vergessen.

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