Architektur und Politik - Landesinitiative StadtBauKultur NRW
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Schwierig wird es aber, wenn sie den Einzelfall zum Normalfall<br />
erhebt – wenn also der Irak-Krieg nicht die Ausnahme bleibt,<br />
sondern zum Regelfall werden soll. „Der Krieg im Irak ist nur die<br />
erste Rate“. Dieser Satz steht wörtlich in dem neuen Buch der<br />
beiden neokonservativen Vordenker William Kristol <strong>und</strong> Lawrence<br />
Kaplan. Es sind dieselben Leute, die intellektuell zum Irak-Krieg<br />
getrieben haben, <strong>und</strong> zwar schon lange vor dem 11. September,<br />
die jetzt die nächsten Raten verlangen (oder ankündigen). Die<br />
Drohungen der Regierung Bush gegen Syrien, den Iran <strong>und</strong> Nordkorea<br />
machen deutlich, dass aus intellektuellen Gedankenspielen<br />
durchaus <strong>Politik</strong> werden kann: Die „Achse des Bösen“ soll zerschmettert<br />
werden.<br />
Der amerikanische <strong>Politik</strong>wissenschaftler Robert Kagan belehrt<br />
uns, dass die Europäer auf der Venus leben, Amerikaner aber auf<br />
dem Mars: in einer Hobbesschen Welt Bushs USA, wo internationale<br />
Regelungen <strong>und</strong> das Völkerrecht ohne Belang sind, da nur<br />
militärische Stärke zählt; in einem Kantschen Paradies des<br />
Ewigen Friedens Europa, das auf Gesetze <strong>und</strong> Regeln baut, auf<br />
transnationale Verhandlungen <strong>und</strong> internationale Kooperation.<br />
Wenn diese Beschreibung stimmte, dann wäre in der Tat die alte<br />
Wertegemeinschaft unwiederbringlich dahin. Abrüstungskriege,<br />
Demokratisierungskriege, Machtwechselkriege, im übrigen auch<br />
noch präventiv geführt <strong>und</strong> wo nötig, mit Kernwaffen – also<br />
nicht präventives Handeln, wo Gefahr im Verzug läge, sondern<br />
militärisches Handeln auf bloßen Verdacht hin – das wird<br />
Europa, Old Europe and New Europe, nicht billigen <strong>und</strong> schon<br />
gar nicht mitmachen können.<br />
Es wird nicht leicht sein, die gegenwärtigen Differenzen auszuräumen.<br />
Der Kenner der amerikanischen Geschichte weiß jedoch,<br />
dass imperiale Anwandlungen, schnöder Isolationismus <strong>und</strong> partnerschaftliche<br />
Kooperationsbereitschaft sich in Amerikas politischem<br />
Denken zyklisch abwechseln. Schon jetzt warnen ernst zu<br />
nehmende Stimmen vor einer <strong>Politik</strong> ständiger Alleingänge.<br />
So schrieb Felix Rohatyn, ein angesehener amerikanischer Banker<br />
<strong>und</strong> Diplomat unlängst: „Politisch sind Alleingänge der USA höchst<br />
unklug. Wirtschaftlich aber verbieten sie sich, wenn sie nicht der<br />
amerikanischen Lebensweise <strong>und</strong> dem amerikanischen Lebensstandard<br />
schweren Schaden zufügen sollen. Die USA haben mit<br />
schwierigen Problemen zu kämpfen… Die langfristigen Belastungen<br />
durch eine alternde Gesellschaft <strong>und</strong> die unerfüllten sozialen<br />
Bedürfnisse sind zu groß, als dass sie die Kosten einer schrankenlosen<br />
weltweiten Militärdominanz, Präventivkriege <strong>und</strong> nationrebuilding<br />
erlaubten. Amerika braucht die Atlantische Allianz“.<br />
Wenn diese Ansicht Raum greift, erscheint eine Wiederannäherung<br />
von Amerika <strong>und</strong> Europa keineswegs aussichtslos. Ich bin<br />
überzeugt, dass sie sich durchsetzen wird. Ein Blick auf die übrigen<br />
Akteure der Weltpolitik zeigt, warum dies unumgänglich ist.<br />
Da ist zunächst einmal Russland. Es steckt in der tiefsten Transformationskrise<br />
seit Peter dem Großen. Sie wird noch lange<br />
anhalten, wie Russlands Marsch zum Wohlstand noch ein langer<br />
Marsch sein wird. Wohl zeichnet sich unter Putin eine allmähliche<br />
wirtschaftliche Erholung <strong>und</strong> eine politische Konsolidierung ab.<br />
Freie Wahlen sind zur Regel geworden – aber von einer liberalen<br />
Politisch sind Alleingänge der USA höchst unklug. Wirtschaftlich aber verbieten sie sich, wenn<br />
sie nicht der amerikanischen Lebensweise <strong>und</strong> dem amerikanischen Lebensstandard schweren<br />
Schaden zufügen sollen. Die USA haben mit schwierigen Problemen zu kämpfen… Die<br />
langfristigen Belastungen durch eine alternde Gesellschaft <strong>und</strong> die unerfüllten sozialen<br />
Bedürfnisse sind zu groß, als dass sie die Kosten einer schrankenlosen weltweiten<br />
Militärdominanz, Präventivkriege <strong>und</strong> nation-rebuilding erlaubten. Amerika braucht die<br />
Atlantische Allianz. (Rohatyn)<br />
Demokratie westlichen Musters ist das Land weit entfernt. Eine<br />
Wirtschaftsreform folgt der anderen, doch der mafiose Raff-<br />
Kapitalismus, der in den neunziger Jahren entstand, hat wenig<br />
mit einer freien <strong>und</strong> obendrein sozialen Marktwirtschaft zu tun.<br />
Eine wirklich umfassende Wirtschaftsentwicklung ist bislang<br />
nicht in Gang gekommen, <strong>und</strong> die politischen Institutionen funktionieren<br />
keineswegs effektiv. Russland ist reich an Naturschätzen,<br />
doch generiert es daraus kein Wachstum, das der breiten Masse<br />
zugute käme. Und die politischen Institutionen werden alle überschattet<br />
<strong>und</strong> verzwergt von einem Superpräsidenten, dem weder<br />
die Parteien noch die Regionen Paroli bieten können. So ist eine<br />
illiberale Demokratie entstanden, die mehr an Pinochets Chile<br />
erinnert als etwa an das post-kommunistische Polen.<br />
Hinzu kommt, dass es schwer vorhersehbar oder vorhersagbar<br />
ist, wie sich Russland auf Dauer zum Westen stellt; wie es sich<br />
mit dem Verlust der alten Reichsteile abfindet, <strong>und</strong> wie es mit<br />
den jungen Staaten zurechtkommt, die nach dem Zerfall der<br />
Sowjetunion aus dem alten Imperiumsverband ausgeschieden<br />
sind. Wir müssen uns auf eine Zeit der Wirren <strong>und</strong> der Ungewissheit<br />
gefasst machen wie jene smuta, die nach dem Tode Iwans des<br />
Schrecklichen im Jahre 1584 ein Vierteljahrh<strong>und</strong>ert lang das<br />
Zarenreich erschütterte. Seit dem Zerbrechen der UdSSR sind erst<br />
zwölf Jahre vergangen. Noch hat sich das Land nicht neu sortiert.<br />
Dann ist da China. China mit seinen heute 1,3 Milliarden<br />
Menschen ist in fünftausend Jahren Geschichte noch nie Teil<br />
eines internationalen Systems gewesen. Es war entweder beherrschend<br />
oder aber halbkolonisiert. In 25 Jahren wird es wieder