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Architektur und Politik - Landesinitiative StadtBauKultur NRW

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Einen Bruch mit Amerika muss Europa vermeiden. Es wäre eine<br />

Tragödie für beide. Deshalb sollte Europa auf Amerika einwirken,<br />

dem Multilateralismus eine Chance zu geben. Europa ist ja nicht<br />

vom Gr<strong>und</strong>e her gegen einen Hegemon Amerika. Es ist nur<br />

gegen einen Hegemon, der dampfwalzenhaft auch die Fre<strong>und</strong>e<br />

<strong>und</strong> Verbündeten überfährt. Umgekehrt sind viele Amerikaner ja<br />

durchaus geneigt, den Europäern Gehör zu gewähren. Bemühen<br />

wir uns also, den Amerikanern begreiflich zu machen, dass der<br />

Starke nicht am mächtigsten allein ist. Sagen wir ihnen mit<br />

Rousseau: „Der Stärkste ist niemals stark genug, um Herr <strong>und</strong><br />

Meister zu sein, wenn er nicht Stärke in Recht <strong>und</strong> Gehorsam in<br />

Übereinkunft umzuwandeln vermag.“<br />

Die Europäer sollten im übrigen eine Weltordnung anstreben, die<br />

nicht auf Unipolarität ruht – eine Weltordnung also, in der die<br />

Gewichte der Macht in einer multipolaren Balance gehalten werden<br />

wie im Mächtemuster des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts. Dies setzt freilich<br />

voraus, den europäischen Pol so auszubauen <strong>und</strong> aufzubauen,<br />

dass er in der Welt wahr genommen <strong>und</strong> ernst genommen<br />

wird. Nur dann kann Europa einen Beitrag dazu leisten, dass die<br />

künftige Multipolarität eine stabile Multipolarität wird, keine<br />

labile. Dabei ist es ein Gebot der Vernunft, den europäischen Pol<br />

nicht im Konflikt oder im Gegensatz zu den USA aufzubauen,<br />

sondern im partnerschaftlichen Geist. Das Ziel müsste eine<br />

Atlantische Gemeinschaft sein, die auf zwei ebenbürtigen<br />

Pfeilern ruht. Das ist eine vierzig Jahre alte Idee John F. Kennedys<br />

– eine Idee, deren Zeit nun wirklich gekommen ist.<br />

„Perspektiven eines freien Weltmarktes in einer neuen Weltordnung“ Dr. Theo Sommer<br />

III. Die Zukunft des Kapitalismus <strong>und</strong> des Weltmarktes<br />

Ich wende mich jetzt der wirtschaftlichen Seite meines Themas<br />

zu: Welche Zukunft blüht dem Kapitalismus? Welche Trends werden<br />

den Weltmarkt bestimmen?<br />

Dabei möchte ich einen ernüchternden Bef<strong>und</strong> an den Beginn<br />

meiner Analyse stellen. Er lautet: Unsere Wirtschaftsordnung steckt<br />

in einer tiefen Krise. Genau genommen ist es eine dreifache Krise:<br />

eine Konjunkturkrise, eine Leistungskrise, schließlich eine Vertrauenskrise.<br />

Sie sind als Teil einer umfassenden Transformationskrise zu<br />

deuten <strong>und</strong> spiegeln die Mühsal des Übergangs aus der fest<br />

gefügten Ordnung der Nachkriegsepoche in eine nach vorn offene<br />

Zukunft wider.<br />

Es ist ja paradox. Vor zwölf Jahren ist der Kommunismus ruhmlos<br />

untergegangen. Das demokratische Prinzip hatte gesiegt, der<br />

Kapitalismus einen gloriosen Triumph errungen. Überschwänglich<br />

wurde die Philosophie des freien Marktes gefeiert. Asien – zumal<br />

den Chinesen – verhalf sie zu ungeahntem Wachstum. In Osteuropa<br />

beflügelte sie das Denken der Transformationsstaaten. Sogar in<br />

Russland griff das Marktdenken um sich. Der Dollar begab sich<br />

in Lateinamerika auf den Vormarsch.<br />

Und dann kam mit einem Mal der Umschwung. Kaum war der<br />

Druck des Wettbewerbs der Systeme von den westlichen<br />

Demokratien genommen, da verfielen sie allenthalben in lärmenden<br />

Streit <strong>und</strong> lähmende Einfallslosigkeit. Der Kapitalismus aber<br />

geriet mit einem Mal ins Gerede, ja: ins Kriseln. Er gab sich erst<br />

„irrationaler Überschwänglichkeit“ hin, dann „ansteckender<br />

Eines muss uns sehr nachdenklich stimmen: Die Segnungen des<br />

Kapitalismus – Wirtschaftswachstum, Vollbeschäftigung, ständig steigende<br />

Löhne, Gehälter <strong>und</strong> Sozialleistungen, schließlich finanzielle Stabilität –<br />

scheinen sich just in dem Augenblick verflüchtigt zu haben, in dem die<br />

Feinde des Kapitalismus von der Bildfläche verschw<strong>und</strong>en waren.<br />

Raffgier“. Beide Begriffe – irrational exuberance <strong>und</strong> infectuous<br />

greed – sind übrigens nicht von Antikapitalisten geprägt worden,<br />

sondern von Alan Greenspan, dem Vorsitzenden der Federal<br />

Reserve Bank.<br />

1997/98 erlebte die Welt den finanziellen <strong>und</strong> wirtschaftlichen<br />

Zusammenbruch Ost- <strong>und</strong> Südostasiens; bis heute hat sich die<br />

Region noch nicht davon erholt. Im August 1998 stürzte Russland<br />

in die Krise. Brasilien, Argentinien <strong>und</strong> Mexiko näherten sich dem<br />

Staatsbankrott. In den Vereinigten Staaten jedoch erreichte die<br />

Aktienhausse, völlig losgelöst von der realen Wirtschaft, Besorgnis<br />

erregende Seifenblasen-Dimensionen. Vor zwei Jahren ist die<br />

Seifenblase dann geplatzt. Der Absturz der New Economy vernichtete<br />

in wenigen Monaten Aktienwerte in Höhe von 450<br />

Milliarden Dollar. In Silicon Valley wurden pink slips verteilt,<br />

Entlassungsbescheide; viele Internet-Unternehmen mussten<br />

Konkurs anmelden. Nach dem 11. September 2001 sind auch<br />

weitere Geschäftszweige ins Trudeln geraten; darunter die<br />

Fluglinien, die Luftfahrtindustrie, die Tourismusbranche. In Europa<br />

aber, <strong>und</strong> da vor allem in Deutschland, treiben wir jetzt in eine<br />

richtig gehende Rezession hinein.<br />

Eines muss uns sehr nachdenklich stimmen: Die Segnungen des<br />

Kapitalismus – Wirtschaftswachstum, Vollbeschäftigung, ständig<br />

steigende Löhne, Gehälter <strong>und</strong> Sozialleistungen, schließlich<br />

finanzielle Stabilität – scheinen sich just in dem Augenblick verflüchtigt<br />

zu haben, in dem die Feinde des Kapitalismus von der<br />

Bildfläche verschw<strong>und</strong>en waren. Ein Dutzend Jahre nach dem<br />

Triumph der neoliberalen Schule ökonomischen Denkens ist der<br />

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