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Architektur und Politik - Landesinitiative StadtBauKultur NRW

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Während diese Aufgabe bei Versicherungen minder schwer<br />

erscheint, ist dies bei Banken schwieriger <strong>und</strong> in den Kapitalmärkten<br />

eine richtig kapitale Aufgabe. Nur der Geldmarkt ist<br />

durch die Einführung des Euro schon weitestgehend integriert.<br />

Auf den anderen Teilmärkten des Finanzmarktes hat Frits Bolkestein<br />

alle Hände voll zu tun. Doch auch wenn das Ziel <strong>und</strong> der<br />

zeitliche Rahmen sehr ehrgeizig ist, besteht kein Zweifel, dass er<br />

mit seiner eisernen Durchhaltekraft seine Amtsperiode voll ausnutzen<br />

will <strong>und</strong> die beste Besetzung für diese Aufgabe darstellt.<br />

In der Diskussion um eine weitergehende Marktintegration kommt<br />

oft die Frage nach der Notwendigkeit auf. Europa hat doch schon<br />

seit Ende des Jahres 1992 offiziell einen Binnenmarkt, die<br />

früheren Demarkationen der Nationalstaaten sind oft nicht mehr<br />

erkennbar <strong>und</strong> die Güter <strong>und</strong> Dienstleitungen zirkulieren frei im<br />

gesamten Gebiet. Warum nun erneut eine Initiative zur weiteren<br />

Integration?<br />

Europa ist zwar ein Binnenmarkt, aber trotz der offenen Grenzen<br />

<strong>und</strong> des freien Güterverkehrs besteht noch immer eine Fülle von<br />

administrativen, technischen <strong>und</strong> organisatorischen Barrieren, die<br />

der Verwirklichung eines noch effizienteren Wirtschaftsraums<br />

entgegenstehen. Es geht u.a. um durchaus beträchtliche Unterschiede<br />

in Besteuerung, in Zulassungsbedingungen <strong>und</strong> in<br />

Ausbildungsverordnungen, die dafür sorgen, dass grenzenloser<br />

Wettbewerb zum Nutzen der Konsumenten <strong>und</strong> natürlich auch<br />

zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen<br />

Unternehmer noch keine Realität ist. Vor allem die Dienstleister,<br />

dieser stetig an Bedeutung gewinnende Teil der Wirtschaft, sind<br />

von diesen Hindernissen besonders betroffen. Auch wenn in vielen<br />

Köpfen – vor allem den deutschen – das Bild des Industrieunternehmens<br />

unumstößlich mit der „Wirtschaft“ gleichgesetzt<br />

wird, ist doch diese Assoziation veraltet. Die oft noch existente<br />

Vorstellung, dass der größte Teil der Wertschöpfung aus der<br />

Europa ist zwar ein Binnenmarkt, aber trotz der offenen Grenzen <strong>und</strong> des freien<br />

Güterverkehrs besteht noch immer eine Fülle von administrativen, technischen <strong>und</strong> organisatorischen<br />

Barrieren, die der Verwirklichung eines noch effizienteren Wirtschaftsraums<br />

entgegenstehen.<br />

Produktion von Eisen <strong>und</strong> Stahl, chemischen Produkten, Autos<br />

<strong>und</strong> Maschinen kommt, <strong>und</strong> demnach diesen Sektoren die meiste<br />

Aufmerksamkeit zu schenken ist, scheint mehr der Karl Marxschen<br />

Zeit entlehnt zu sein als einer ernsthaften Betrachtung unserer<br />

heutigen Realität.<br />

Wo solche Denkmuster dominieren, haben Dienstleistungen<br />

einen schweren Stand: Sie werden oft nicht als gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

wohlfahrts- <strong>und</strong> wohlstandsstiftend anerkannt. Doch ein Blick<br />

auf die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung enthüllt, dass der<br />

überwiegende Teil der wirtschaftlichen Tätigkeit – über 2/3 der<br />

gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung – im Dienstleistungssektor<br />

stattfindet <strong>und</strong> dass die Wachstumsmärkte alle in diesen<br />

Bereichen liegen. Deutschland ist also de facto kein klassisches<br />

„Schwerindustrie“-Land mehr, obwohl hierzulande Ingenieure<br />

<strong>und</strong> die Industrie als Inbegriff von Wirtschaftstätigkeit begriffen<br />

werden.<br />

Doch weder eine Reaktion hin zu vermehrten Anstrengungen auf diesen Gebieten wettbewerbsfähig<br />

zu werden, ist zu bemerken, noch scheint die Tatsache, dass Dienstleistungen der Wachstumsmarkt<br />

der Zukunft sind, in den Gemütern der meisten Deutschen angekommen zu sein. Es scheint,<br />

als ob Deutschland bewusst die Augen vor dem Strukturwandel der letzten 30 Jahren verschließt.<br />

Es ist auch das gleiche Land, in dem fast alle professionellen<br />

Dienstleister – Wirtschaftsprüfer, Datenbroker, Unterhaltungsindustrie<br />

– amerikanischer Herkunft sind – sehr zum Leidwesen<br />

der Deutschen. Doch weder eine Reaktion hin zu vermehrten<br />

Anstrengungen auf diesen Gebieten wettbewerbsfähig zu werden,<br />

ist zu bemerken, noch scheint die Tatsache, dass Dienstleistungen<br />

der Wachstumsmarkt der Zukunft sind, in den Gemütern der<br />

meisten Deutschen angekommen zu sein. Es scheint, als ob<br />

Deutschland bewusst die Augen vor dem Strukturwandel der<br />

letzten 30 Jahren verschließt. Nicht nur die Heimat der im deutschen<br />

Markt operierenden Unternehmen deutet darauf hin, ein<br />

einfacher Blick in amtliche Statistiken genügt. Der Sektor der<br />

r<strong>und</strong> 2/3 der Wertschöpfung generiert, wird mehr als stiefmütterlich<br />

behandelt: Während der Agrarsektor <strong>und</strong> auch die Industrie<br />

en Detail dokumentiert sind, herrscht Dunkelheit bei solch elementaren<br />

Zahlen wie Beschäftigte <strong>und</strong> hergestellte Produkte im<br />

Dienstleistungsbereich. Die Dienstleistungsstatistik ist in einem<br />

unvorstellbaren Maße unterentwickelt: sowohl konzeptionell als<br />

auch was den Umfang anbelangt. Auch hier haben die<br />

Amerikaner mit ihren Buchhaltungsvorschriften – US GAAP –<br />

viel bessere Antworten auf die Herausforderungen einer sich tertiärisierenden<br />

Wirtschaftsstruktur als unser Kontinent. Obschon<br />

auch in Europa der Dienstleistungsbereich immer größer <strong>und</strong><br />

bedeutender ist, wird er dennoch weder in <strong>Politik</strong> noch in der<br />

Gesellschaft wirklich aktiv wahrgenommen.

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