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Architektur und Politik - Landesinitiative StadtBauKultur NRW

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Das Projekt war überaus erfolgreich! Es sei hier exemplarisch auf<br />

die w<strong>und</strong>ervolle Produktion der Architektengemeinschaft Saarinen-<br />

Gesellius-Lindgren verwiesen. Diese drei Großen verkörperten in<br />

ihrem Werk bereits einige bis heute gültige F<strong>und</strong>amente der<br />

finnischen <strong>Architektur</strong>: Für ihre Arbeit errichteten sie sich einen<br />

großen Landsitz außerhalb der Stadt – die Integration der Natur<br />

in die Arbeit des Architekten ist seither ein festes Element der<br />

finnischen <strong>Architektur</strong>.<br />

Diese Vorarbeit lieferte dem neuen finnischen Staat bei seiner<br />

Gründung 1917 eine solide Gr<strong>und</strong>lage. Die Konzepte des 19. Jh.<br />

sollten jedoch bald einem neuen Bild weichen. Der Nationalromantische<br />

Stil war nicht mehr geeignet, die energische<br />

Modernisierung des Landes auszudrücken.<br />

Ein neues Bild wurde geformt. Dieses neue Bild sollte nun nicht<br />

mehr nur nach innen wirken, dem eigenen Volk zur Identifikation<br />

dienen, sondern sollte auch eine Botschaft an das Ausland sein:<br />

„Hier sind wir – wir können etwas – wir machen etwas.“<br />

Nach einer kurzen klassisch geprägten, sehr schlichten Periode<br />

begann der Funktionalismus seinen Einfluss auf die finnische<br />

<strong>Architektur</strong> zu entwickeln, der über Jahrzehnte anhalten sollte.<br />

Mit dem Funktionalismus schloss sich die finnische <strong>Architektur</strong><br />

auch dem Internationalen Stil an. Die einflussreichsten<br />

Architekten der Zeit waren Alvar Aalto <strong>und</strong> Erik Brygmann.<br />

„Europa – <strong>Architektur</strong> <strong>und</strong> <strong>Politik</strong> am Beispiel Finnalnd/Österreich“ Alfred Berger<br />

Österreich – frühes 20. Jh.:<br />

Wien zum Beginn des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts war die vielbeschriebene<br />

K+K Metropole. Multi-ethnisch wie das Habsburgerreich, verwöhnt<br />

durch eine überreiche Geschichte, war die Stadt Treffpunkt für<br />

Künstler <strong>und</strong> Intellektuelle, aber auch für Forscher <strong>und</strong> Ärzte.<br />

Das offizielle Kaiserreich entfremdete sich zunehmend vom kulturellen<br />

Geschehen – <strong>und</strong> büßte in Folge rasch seine angestammte<br />

Rolle als Förderer der Künste <strong>und</strong> der Literatur ein. Die neuen<br />

Strömungen in Kunst <strong>und</strong> Wissenschaft fanden ihre Förderer in<br />

bürgerlichen Kreisen. Die <strong>Politik</strong> beschränkte sich darauf, das<br />

latente Brodeln in der Gesellschaft zu kontrollieren.<br />

Das Streben der Kronländer nach Unabhängigkeit vom Kaiserreich<br />

wurde von den Künsten thematisiert. Projekte nationaler Identitätsstiftung<br />

können – analog zu Finnland – in Prag, Budapest<br />

oder am Werk von Josip Plecnik in Laibach bew<strong>und</strong>ert werden.<br />

Bemerkenswert ist, dass der Architekt Plecnik an der Akademie<br />

in Wien von Otto Wagner ausgebildet worden war. Als Otto Wagner<br />

Plecnik zu seinem Nachfolger als Leiter der Meisterschule für<br />

<strong>Architektur</strong> ernennen wollte, legte der Kaiser ein Veto ein. Die<br />

<strong>Politik</strong> hatte definitiv den Kontakt zur Kunst <strong>und</strong> <strong>Architektur</strong><br />

verloren.<br />

Villa Aulikki,<br />

Aulikki Jylhä, Erkki Kairamo<br />

1996 – 2002, Hiiltinen/Finnland<br />

City Theater, Timo Penttilä<br />

1960 – 1967, Helsinki/Finnland<br />

Haus am Michaelerplatz<br />

Adolf Loos 1911, Wien/Österreich<br />

Sezession:<br />

Während sich also Plecnik fortan der Sezession der Kronländer<br />

widmete, wurde im Zentrum Wiens mit den Mitteln privater<br />

Förderer die „Sezession“ errichtet. Das Motto am Fries ist bekannt:<br />

„Der Zeit ihre Kunst – der Kunst ihre Freiheit.“ Das Gebäude des<br />

Architekten Olbrich mit der w<strong>und</strong>ervollen vergoldeten Lorbeerkugel<br />

– im Volksm<strong>und</strong> „Krauthappel“ genannt – erhielt auf<br />

Betreiben mächtiger Kreise keine reguläre Baugenehmigung.<br />

Schließlich fand man die Lösung darin, das Gebäude als<br />

Provisorium, mit befristeter Bewilligung, zu errichten. Wir sollten<br />

diesen juristischen Kunstgriff später noch antreffen.<br />

Loos Haus am Michaelerplatz:<br />

Adolf Loos errichtete für die Herrenausstatter Goldmann & Salatsch<br />

das Haus am Michaelerplatz. Das Haus liegt direkt gegenüber<br />

der Hofburg. Die öffentliche Empörung über die schmucklosen<br />

Fassaden war enorm. Der Kaiser soll sogar angeordnet haben,<br />

dass auf dieser Seite die Vorhänge fortan geschlossen bleiben<br />

sollten, um ihm den Anblick des „nackten Hauses“ zu ersparen.<br />

Besondere Beachtung verdienen aber auch die Säulen des<br />

Hauses: Jede Säule besteht aus einem Monolithen aus edlem<br />

Cippolino-Marmor. Die Säulen des Kaisers auf der anderen Seite<br />

des Platzes sind aus billigem Ziegel gemauert <strong>und</strong> verputzt. Kein<br />

Detail verkörpert besser die Rolle der <strong>Architektur</strong> als Ausdruck<br />

des neuen Selbstbewusstseins des fortschrittlichen Wiener<br />

Bürgertums der Zeit.<br />

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