SPORTaktiv Februar 2018
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DER MIT DEM<br />
VERKEHR<br />
SCHWIMMT<br />
IM WINTER FAHREN NUR DIE HARTEN FAHRRAD. ODER DIE,<br />
DIE DAMIT IHREN LEBENSUNTERHALT VERDIENEN MÜSSEN.<br />
EIN TAG MIT DEM FAHRRADBOTEN LUKAS KIENREICH.<br />
VON CHRISTOPH HEIGL<br />
FOTOS: THOMAS POLZER<br />
Fast hätte ich es übersehen. Mit einem kleinen<br />
Handzeichen zeigt mir Lukas an, dass wir<br />
rechts in die nächste Gasse abbiegen. Volles<br />
Tempo, gerade noch gut gegangen, am Bus bin<br />
ich knapp vorbei. Lukas Kienreich ist es nicht<br />
gewohnt, dass jemand in seinem Windschatten<br />
hängt. Er muss die Lücken im Verkehr normalerweise<br />
nur für sich finden. Heute ist alles<br />
anders, heute hat er einen Praktikanten. Mich.<br />
„Wenn jemand bei uns neu anfangen will,<br />
nehme ich ihn mit auf die Tour. Da stellt sich<br />
schnell heraus, ob er als Radbote geeignet ist.<br />
Es geht nicht nur ums Radfahren, man muss<br />
auch navigieren und die Aufträge erfüllen können.<br />
Und wir fahren auch, wenn es ungemütlich<br />
ist. Aber wir nehmen eh nicht jeden.“<br />
Kienreich arbeitet seit fünf Jahren als Fahrradbote<br />
in Graz. Er fährt das ganze Jahr, bei jedem<br />
Wetter. „Im Sommer wie im Winter ist es<br />
herrlich, so durch die Stadt zu flitzen. Außer es<br />
regnet. Wenn ich Schichten mit zehn Stunden<br />
mache, komme ich am Tag auf 150 Rad-Kilometer<br />
nur im Stadtgebiet.“<br />
Heute ist es nicht ganz so herrlich. Bei meinem<br />
Vorschlag in der Redaktion, einem echten<br />
Winter-Radfahrer auf den Zahn zu fühlen,<br />
hätte ich zwar ahnen können, dass sie mich<br />
selbst mit auf die Reise schicken werden, aber<br />
dass wir uns just den kältesten Tag dieses Winters<br />
aussuchen sollten, ist ein besonderer Gag.<br />
Minus 12 Grad zeigt das Thermometer, als ich<br />
aufs Rad steige, minus acht, als wir die Schicht<br />
in der Grazer Innenstadt beginnen. „Geht eh“,<br />
sagt Lukas und tritt in die Pedale. Da habe ich<br />
noch kaum den gelben Riesenrucksack von<br />
„Veloblitz“ am Rücken. Erstes Ziel ist eine<br />
Druckerei, dann geht es in den Norden der<br />
Stadt. Mir wird schnell warm, um nicht zu<br />
sagen brennheiß, denn der schnelle Bote ist ein<br />
verdammt flinker Radfahrer. Nach 15 Minuten<br />
denke ich an den Abbruch der Mission. Ich<br />
behindere ihn nur. „Mein Körper hat fast zwei<br />
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