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SPORTaktiv Februar 2018

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Auf die Frage nach deiner Lieblingsstrecke<br />

hast du im britischen „Guardian“<br />

einmal geantwortet, der schönste<br />

Platz zum Laufen sei der „Ort des<br />

nächsten Tages“. Warum ist es<br />

für dich so wichtig, neue Orte zu<br />

entdecken?<br />

Für mich geht es darum, nicht der Vergangenheit<br />

nachzuhängen, nicht darüber<br />

nachzudenken, was ich irgendwann getan<br />

habe. Entscheidend ist doch, was ich<br />

tun möchte und tun werde. Es ist richtig<br />

und wichtig, Erfahrungen zu sammeln.<br />

Aber mindestens genauso wichtig ist es,<br />

immer wieder mit Begeisterung in einen<br />

neuen Tag zu starten. Ob ich eine neue<br />

Region erkunde, einen Gipfel besteige,<br />

ein aufregendes Rennen absolviere oder<br />

einfach nur einen harten Trainingstag<br />

auf einem Trail bei mir zu Hause einlege<br />

– keiner dieser Tage ist größer oder<br />

besonderer als einer der anderen.<br />

Was du auch tust, es ist meistens<br />

anstrengend. Macht dir das wirklich<br />

Spaß?<br />

Das Gefühl sportlicher Anstrengung genieße<br />

ich definitiv. Es tut gut, seine eigene<br />

Leistungsfähigkeit zu spüren. Außerdem<br />

weiß ich, dass ich meine Ziele ohne<br />

Anstrengung nicht erreichen werde.<br />

Wer sich dauerhaft in der Komfortzone<br />

aufhält, wird nichts Neues entdecken.<br />

Das Verausgaben macht mich besser. Es<br />

verschafft mir neue Möglichkeiten, zeigt<br />

mir Wege und bringt mich an Orte, die<br />

vorher vielleicht nicht erreichbar für<br />

mich waren. Orte, an denen ich etwas<br />

erlebe, was ich bis dahin nicht kannte,<br />

nicht gespürt oder nicht gesehen habe.<br />

Um das zu finden, nimmst du viel auf<br />

dich. Was war dein bis heute längster<br />

Lauf?<br />

Was die Distanz angeht, war das der<br />

Tahoe Rim Trail, ich denke, das sind<br />

knapp 270 Kilometer. Und dann waren<br />

da noch einige längere Touren in den<br />

Alpen, auf denen ich etwa 100 Stunden<br />

am Stück unterwegs war.<br />

Warum macht man das?<br />

Ganz einfach – weil ich es tun möchte!<br />

Ich bin der festen Überzeugung, dass es<br />

nicht unser Lebensinhalt sein sollte, den<br />

Pfaden anderer zu folgen. Ich möchte<br />

Wege beschreiten, die mich dem entgegenbringen,<br />

was ich liebe, was mich<br />

anzieht und bereichert.<br />

Und wenn es dabei mal richtig weh<br />

tut?<br />

Dann führe ich mir vor Augen, dass<br />

es meine freie Entscheidung ist, genau<br />

hier zu sein. Natürlich wäre ich manchmal<br />

gerne stehengeblieben. Immer<br />

wieder hatte ich dort draußen aber gar<br />

keine andere Option, als einfach weiterzulaufen.<br />

ICH BIN DER FESTEN<br />

ÜBERZEUGUNG,<br />

DASS ES NICHT<br />

UNSER LEBENS-<br />

INHALT SEIN SOLLTE,<br />

DEN PFADEN<br />

ANDERER ZU<br />

FOLGEN<br />

Welcher Moment war besonders hart?<br />

Da denke ich an den Western State Endurance<br />

Run, einen Ultramarathon in<br />

der kalifornischen Sierra Nevada über<br />

100 Meilen. Die letzten 30 Kilometer<br />

des Rennens hatte ich Krämpfe am ganzen<br />

Körper und bin alle fünf Minuten<br />

hingefallen. Bis heute war es aber immer<br />

so, dass aus Momenten der Schwäche<br />

positive Gefühle entstanden sind,<br />

die mich gestärkt und weitergebracht<br />

haben.<br />

Was würdest du anderen Sportlern<br />

empfehlen, die besser werden möchten.<br />

Solche Momente der Schwäche<br />

gezielt herbeizuführen, um sie zu<br />

überwinden?<br />

Natürlich ist es wichtig, immer wieder<br />

an seine Grenzen zu gehen. Mir fällt<br />

aber auf, dass viele Sportler sich das<br />

Ziel setzen, nach zwei oder drei Jahren<br />

Training erfolgreich zu sein. Das kann<br />

ein zu ambitioniertes Ziel sein. Um<br />

wirklich besser zu werden, musst du<br />

viel trainieren, du brauchst die richtige<br />

Technik und natürlich auch Wettkampferfahrung.<br />

Du musst dich auf<br />

eine Reise begeben, von der du nicht<br />

genau weißt, wie lange sie dauern wird.<br />

Deshalb solltest du sie genießen. Du<br />

wirst unterwegs mal die Form verlieren.<br />

Schlechte Ergebnisse erzielen. Nach ein<br />

paar Jahren wirst du die Früchte deiner<br />

Arbeit ernten. Aber das kann dauern.<br />

Was du als Ausdauersportler brauchst,<br />

ist Motivation, Konstanz und Geduld.<br />

Du hältst den Rekord für den schnellsten<br />

Auf- und Abstieg am Matterhorn,<br />

Montblanc, Denali und Mount Everest.<br />

Welcher Gipfel soll der nächste sein?<br />

Schwer zu sagen! Wenn ich einen Gipfel<br />

bestiegen habe, sehe ich mich um und<br />

sehe Berge um mich herum, an denen<br />

sich so viele Sachen anstellen ließen!<br />

Die Liste der Dinge, die ich gerne tun<br />

möchte, wächst viel schneller, als dass<br />

ich die Chance hätte, hinterherzukommen.<br />

Deshalb werde ich das ziemlich<br />

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