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SPORTaktiv Februar 2018

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2%<br />

UND<br />

ZWEI<br />

PROTHESEN<br />

Fotos: Sportograf.com, Erich Artner<br />

Waterhouse-Friedrichsen. So<br />

beginnt die Geschichte von<br />

Erich Artner, dem Hobbysportler.<br />

Wir schreiben das Jahr 1989.<br />

In Berlin ist gerade die Mauer gefallen<br />

und Osten und Westen wachsen wieder<br />

zusammen. Im Westen Wiens wächst ein<br />

junges Handballtalent heran. Erich Artner.<br />

Jung, fit, ambitioniert. Der Sport ist<br />

sein Leben. Bis zum 18. Dezember. Die<br />

vermeintliche Verkühlung verschlimmert<br />

sich plötzlich. Erst im zweiten<br />

Krankhaus erkennen die Ärzte den Ernst<br />

der Lage. „Im Wilhelminenspital war<br />

gerade Weihnachtsfeier und darum waren<br />

alle Ärzte anwesend“, erzählt Artner.<br />

„Der Primar hat die seltene Krankheit<br />

erkannt.“ Waterhouse-Friedrichsen-Syndrom.<br />

Was mit einer bakteriellen Infektion<br />

beginnt, endet in schweren Thrombosen.<br />

Unbehandelt stirbt daran jeder.<br />

Artners Überlebenschancen: 2 Prozent.<br />

Es folgen: zehn Tage künstlicher Tiefschlaf,<br />

Operationen, Operationen, Operationen.<br />

Er überlebt. Ohne Gehirnschäden,<br />

aber auch ohne Unterschenkel,<br />

die beide amputiert werden müssen.<br />

Der Sport als Anker<br />

„Der Sport hat mir das Leben gerettet“,<br />

sagt er heute ganz entspannt und nippt<br />

an seinem Espresso. „Wäre ich damals<br />

nicht so fit gewesen, hätte ich das nicht<br />

überlebt.“ Und der Sport war es auch,<br />

der es ihm ermöglicht hat, gar nie in ein<br />

Loch zu fallen, zu hadern, depressiv zu<br />

werden. „Die Handballkollegen haben<br />

mich gefördert und gefordert.“ Auf das<br />

Turnier in Schweden – auf das er sich in<br />

den Tagen vor dem Einschnitt so gefreut<br />

hatte, nehmen sie ihn mit. Wenn er<br />

nicht mehr gehen kann, tragen sie ihn.<br />

18 Jahre später ist aus dem jungen<br />

Handballer ein leidenschaftlicher Ausdauersportler<br />

geworden. Nach einer<br />

Karriere im Rollstuhlbasketball samt<br />

EM-Teilnahme in den Niederlanden<br />

wird er über Jugendfreund und Ö3-Mikromann<br />

Tom Walek auf Triathlon<br />

aufmerksam. „Da wusste ich: Ich will<br />

einen Ironman finishen.“ Und die<br />

Beschäftigung mit Schwimmen, Radfahren<br />

und Laufen gibt seinem Leben<br />

auch eine entscheidende Wende. Er<br />

kann sich nicht nur auspowern – „Das<br />

brauche ich einfach“ – viel wichtiger:<br />

Artner bekommt Selbstvertrauen. Hatte<br />

er sich früher geniert, am Badeteich mit<br />

Prothesen ins Wasser zu steigen, trägt<br />

er sie heute mit Stolz. „In der Wechselzone<br />

beim Triathlon haben mich Leute<br />

angeredet und gemeint, wie stark sie das<br />

finden, was ich mache.“ Früher hat er<br />

Menschen gemieden, wenn er mit seinen<br />

futuristischen Laufprothesen unterwegs<br />

war, heute spornt ihn das an.<br />

Und der Moment, als klar war: die<br />

Unterschenkel sind weg. Hat ihn der,<br />

als 15-Jährigen, nicht aus der Bahn geworfen?<br />

„In einem Alter, in dem Mädels<br />

interessant werden, war das natürlich<br />

nicht cool. Vor allem hab ich mich aber<br />

darüber geärgert, dass ich nicht mehr<br />

Handball spielen kann. Ich hab sechsmal<br />

die Woche trainiert. Das war mein<br />

Leben.“ Erst nach und nach dämmert<br />

ihm, dass er großes Glück hatte. „Ich<br />

hätte auch Gehirnschäden haben können<br />

und meine Hände hätte ich auch<br />

verlieren können.“<br />

Alles noch dran und voll im Einsatz.<br />

Dem Ironman in Klagenfurt folgten<br />

weitere, dazu der Ötztaler Radmarathon<br />

und immer wieder Charity-Fahrten mit<br />

<strong>SPORTaktiv</strong><br />

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