SPORTaktiv Februar 2018
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dem Mittelfuß statt auf der Ferse? „Theoretisch<br />
mit möglichst wenig Sprengung“,<br />
sagt Laufschuhexperte Michael<br />
Wernbacher aus Wien. Das heißt: Wenn<br />
der Läufer optimal aufrecht läuft, als<br />
ob ihn ein Gasballon am Scheitel nach<br />
oben ziehen würde. Wenn der Schritt<br />
lange nach hinten gestreckt wird, der<br />
Rumpf stabil und in Vorlage ist und der<br />
Fuß bei der Landung in einer gedachten<br />
Linie unter dem Kopf aufkommt. „Aber<br />
so laufen halt leider die wenigsten.“<br />
Daher schwindet der Effekt der<br />
Sprengung schon wieder und ein zweiter<br />
Effekt wird wichtig: die Dämpfung.<br />
„Denn bei einer hohen Sprengung ist es<br />
wie mit dem Stöckelschuh. Du musst<br />
nach hinten ausgleichen, um nicht umzufallen“,<br />
sagt Wernbacher. Also braucht<br />
es eine anständige Fersendämpfung.<br />
„Der Barfußschuhtrend hat sich von den<br />
Sportgeschäften rasch zu den Orthopäden<br />
verlagert“, erinnert er sich. Dabei<br />
finden diese minimalistischen Schuhe<br />
ohne Dämpfung auch heute noch großen<br />
Anklang. „Zum Spazierengehen<br />
oder für das Lauf-Abc sind sie eine super<br />
Abwechslung. Aber nicht zum kilometerlangen<br />
Laufen.“<br />
Dafür braucht es eben immer noch<br />
die Dämpfung der Schuhe. Egal, ob<br />
bei Neutral-, Stabil- oder Wettkampfschuhen.<br />
Wirft man einen Blick ins<br />
Schuhregal, zeigt sich: die Bandbreite<br />
ist riesig. Von weniger gedämpften<br />
Wettkampfschuhen bis zu richtig fetten<br />
Sohlen reicht da die Palette. Vor allem<br />
die US-amerikanische Marke Hoka One<br />
One fällt da auf. Laufen im ersten Stock<br />
ist das Gefühl in solch einem Schuh.<br />
„Viel Dämpfung muss nicht heißen,<br />
dass der Schuh weich ist, und wenig<br />
Dämpfung nicht, dass er hart ist“, erklärt<br />
Experte Wernbacher.<br />
Und um mit allen Mythen, was<br />
Dämpfung und Gewicht des Schuhs betrifft,<br />
aufzuräumen: Ein leichter Schuh<br />
macht nicht automatisch schneller bzw.<br />
ein schwerer nicht langsamer. Denn<br />
eine Studie am Medical Institute Berlin,<br />
durchgeführt vom renommierten<br />
Sportwissenschafter Dr. Srdjan Popovic<br />
mit über 1000 Probanden, zeigt: Ist ein<br />
Schuh um 100 Gramm leichter, bringt<br />
das nur 1% Energieersparnis. Im Gegenzug<br />
muss die Muskulatur ab rund einer<br />
Stunde aber viel mehr arbeiten. Vereinfacht<br />
gesagt heißt das unterm Strich: Bei<br />
längeren Läufen macht dich ein leichter<br />
Schuh, der weniger gedämpft ist, sogar<br />
langsamer.<br />
Die Studie kommt auch zu dem<br />
Schluss, dass immer noch das Gefühl<br />
eines Läufers im Schuh das wichtigste<br />
Kriterium ist, ob beide Seiten zueinanderpassen.<br />
„Aber natürlich schauen wir,<br />
wie jemand landet, was dabei das Knie<br />
macht, ob die Beinachse nach innen<br />
kippt. Dann kann man mit einem gut<br />
gestützten Stabilschuh einiges ausgleichen.<br />
Aber entscheiden tut dann am<br />
Ende das Gefühl“, sagt Wernbacher.<br />
Wohin geht dann der Laufschuh der<br />
Zukunft für den Normalverbraucher,<br />
der nicht den lehrbuchmäßigen Schritt<br />
läuft? Die Sprengung wird nicht das beherrschende<br />
Thema sein. Eher, so meint<br />
Popovic in der Studie, werde die Zukunft<br />
mit hoher Wahrscheinlichkeit der<br />
sich intelligent an den Fuß anpassenden<br />
Dämpfung gehören und dem individuell<br />
anpassbaren Schuh.<br />
SPRENGUNG,<br />
WAS IST DAS?<br />
Die Sprengung beschreibt<br />
den Höhenunterschied zwischen<br />
Zehen und Ferse im<br />
Schuh. Laufschuhe haben<br />
zumeist eine Sprengung<br />
zwischen 5 und 12 mm.<br />
Manche Hersteller wie<br />
Altra setzen dagegen auf<br />
null Sprengung.<br />
<strong>SPORTaktiv</strong><br />
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