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SPORTaktiv Februar 2018

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Keine große Sache, findet Fister: „Bei<br />

Straßenläufen gibt es so was nicht – im<br />

Trail schon.“ Schließlich sei man stundenlang<br />

im relativ niedrigen Belastungsbereich<br />

unterwegs, da komme man eben<br />

ins Plaudern. Irgendwann folge der Entschluss:<br />

„Lauf ma gemeinsam ein.“<br />

Das ist auch etwas, was ihm an der<br />

Szene so behagt: „Es ist alles entspannt,<br />

jeder ist locker drauf. Wenn du 100<br />

Kilometer vor dir hast, geht es auch gar<br />

nicht anders.“ Im Straßenlauf beginne<br />

schon im Startblock der Konkurrenzkampf.<br />

„Dagegen kenne ich ganz wenige<br />

Trailrunner, die verbissen sind.“ Ein,<br />

zwei gäbe es schon. Namen erfährt man<br />

aus seinem Mund natürlich keinen.<br />

Die Lockerheit, die Sancho ausstrahlt,<br />

verführt fast zum Gefühl, man könnte<br />

selber einmal einen 110er mit 6000<br />

Höhenmetern versuchen. Gut, dass er<br />

einen auf den Boden der Realität holt.<br />

Etwa so: „Du kriegst in unserem Sport<br />

eine extrem hohe Schmerzgrenze. Man<br />

leidet stundenlang. Da geht es darum,<br />

das Tief zu überbrücken. Man kommt<br />

schon wieder heraus.“ Und da kommen<br />

wir wieder zum Siegeteilen: „Wenn zwei<br />

vorneweg laufen, hat meistens einer ein<br />

Tief, und der andere motiviert und zieht<br />

ihn. Und später ist es umgekehrt.“<br />

„ICH HAB EINMAL FÜR<br />

EINEN MARATHON<br />

EINEN TRAININGSPLAN<br />

GEHABT. DA SOLLST DU<br />

NACH EINEM LANGEN<br />

ARBEITSTAG HUNDS-<br />

MÜDE EINEN LOCKEREN<br />

30ER MACHEN. DEN<br />

PLAN HABE ICH NIE<br />

EINGEHALTEN.“<br />

Allein in der Natur<br />

Ob er nicht vom Sport leben könnte?<br />

„Ich hab’s tatsächlich einmal überlegt.<br />

Aber da hätte ich schon wieder den<br />

Druck, gewinnen zu müssen. Oder trainieren<br />

zu müssen“, sagt er. Von seinem<br />

Wohnzimmerfenster aus hat man einen<br />

Wahnsinnsblick auf sein Trainingsgelände,<br />

die Berge: Gipfel zum Angreifen.<br />

„Es kommt vor, dass ich loslaufe und<br />

nach einem Kilometer umdrehe. Dann<br />

will der Körper nicht – das hat schon<br />

seinen Sinn.“ Wenn es aber passt, genießt<br />

er die stundenlangen Läufe, das<br />

Alleinsein in der Natur. Einmal hat<br />

Fister nach Plan für einen Marathon<br />

trainiert – „aber den hab ich nie eingehalten.“<br />

Er hat keinen Pulsmesser, dokumentiert<br />

seine Trainingsumfänge per<br />

Hand. Siehe oben, im Notizbuch.<br />

Als passionierter Siegeteiler müssten<br />

die Trail-Etappenrennen für Zweier-Teams<br />

doch etwas für ihn sein?<br />

Stimmt: Den TransAlpineRun hat er im<br />

Vorjahr mit Kristin Berglund bestritten:<br />

„Am Ende ist es der zweite Platz geworden.“<br />

Ein Sieg beim TransAlpineRun,<br />

das wäre schon noch ein Traum, sagt er.<br />

Heuer wird Fister 40 – für seine<br />

Sportart ein ideales Alter. „Bis jetzt bin<br />

ich noch jedes Jahr besser geworden.“<br />

Geht sich neben so einem zeitraubenden<br />

Hobby noch ein zweites aus? „Schwer“,<br />

meint Fister. Der Spitzname Sancho ist<br />

ein Relikt vom Theaterspielen, das er aus<br />

Zeitgründen aufgegeben hat: „Die letzte<br />

Rolle war der Sancho Panza“. Und lässt<br />

sich der zeitintensive Sport denn auch<br />

mit einem Familienleben vereinbaren?<br />

„Es gibt schon viele Trailrunner mit Familie.“<br />

Er selbst war einmal verheiratet<br />

– „jetzt bin ich aber schon seit fast zehn<br />

Jahren bewusst allein. Obwohl: Jetzt<br />

wird es vielleicht doch wieder einmal<br />

Zeit, das zu ändern“, lacht er.<br />

Denn natürlich kann einer, der sich<br />

den Sieg gern teilt, gar kein ungeselliger<br />

Typ sein. Die Kameradschaft bei den<br />

Events sieht er als guten Ausgleich fürs<br />

Training, das lange Alleinsein in der<br />

Natur – „das brauchst du auch, sonst<br />

wirst du eigen“. Ein typisches Trailrunning-Wochenende<br />

laufe so ab: „Eine<br />

Nacht laufen, eine Nacht feiern.“ Noch<br />

eine Information, die man als Außenstehender<br />

nur schwer packt: Nach 10, 15<br />

Stunden laufen sollte man eher glauben,<br />

dass man nur noch ins Hotelbett fällt.<br />

Auf der anderen Seite ist es auch irgendwie<br />

logisch: Auf einen Sieg gehört<br />

angestoßen. Und auf einen geteilten<br />

Sieg erst recht.<br />

Foto: Großglockner Ultratrail/Markus Frühmann<br />

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