urbanLab Magazin 2021 - Transformation
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Projekt AltstadtRaum in Bielefeld - die<br />
Übernutzung von Straßenflächen durch<br />
parkende Autos soll zurückgedrängt werden<br />
jeweiligen Argumentationen einzubeziehen.<br />
Unterbleibt eine gesamtgesellschaftliche<br />
und ressortübergreifende<br />
Abwägung, sind Fehlentwicklungen und<br />
Blockaden vorprogrammiert.<br />
Ein Beispiel: Es kann durchaus – auch<br />
aus Sicht des Flächenverbrauchs und<br />
Artenschutzes – Sinn machen, eine<br />
Kleingartenanlage zu verlagern, um<br />
dadurch Flächen für notwendigen<br />
Wohnungsbau in einer innerstädtisch<br />
integrierten Lage zu ermöglichen und<br />
den Druck auf die bauliche Nutzung<br />
des Umlandes zu reduzieren. Möglich<br />
wird dies aber erst dann, wenn ein politischer<br />
und gesellschaftlicher Konsens<br />
formuliert und durchgesetzt wird, der<br />
sich auf die Priorität des ökologisch und<br />
sozial bestimmten Gemeinwohls orientiert<br />
und gleichzeitig den Einzelnen akzeptable<br />
Kompensationen und Entwicklungsmöglichkeiten<br />
bietet.<br />
KAMPF UM DEN ÖFFENTLICHEN<br />
RAUM - ERGEBNIS OFFEN<br />
In keinem Bereich kollidieren Nutzungskonflikte<br />
so stark wie im öffentlichen<br />
Raum. Flächen in der Stadt sind ein prinzipiell<br />
knappes Gut und eine endliche<br />
Ressource. Gerade die sozialen Gruppen,<br />
die sich kein Eigenheim und keinen<br />
eigenen Garten leisten können, sind auf<br />
öffentliche Räume als Bewegungs- und<br />
Ausgleichsflächen angewiesen. Doch<br />
auch die Stadt braucht den öffentlichen<br />
Raum. Für alle zugängliche Flächen und<br />
eine hohe Qualität der öffentlichen Infrastrukturen<br />
sind Ausdruck des Allgemeinwohls.<br />
Ohne sie würden unsere<br />
Städte nicht funktionieren und wären<br />
unattraktiv. Öffentliche Räume (Straßen,<br />
Plätze, Parks, im weiteren Sinne<br />
aber auch Bildungseinrichtungen und<br />
Einrichtungen der öffentlichen Daseinsvorsorge)<br />
sind das „Wohnzimmer<br />
für die Gesellschaft“, wie der Kunsthistoriker<br />
und Architekturkritiker Prof. Dr.<br />
Arnold Bartetzky in einer Publikation<br />
der Heinrich-Böll-Stiftung treffend ausführt<br />
(vgl. Bartetzky 2019).<br />
Um auf den Eingangsgedanken dieses<br />
Aufsatzes zurück zu kommen: die Zeit,<br />
in der die optimale Verteilung von Ressourcen<br />
durch rein marktorientierte<br />
Mechanismen sichergestellt und die<br />
Entwicklung unserer Städte überwiegend<br />
von den Renditeerwägungen privater<br />
Investoren abhängen sollte, sind<br />
- glücklicherweise - vorbei. Die schrankenlose<br />
Privatisierung von Grund und<br />
Boden und der Rückzug der öffentlichen<br />
Hand aus Bereichen der Daseinsvorsorge<br />
verschärfen - zum Beispiel bei<br />
der Wohnraumversorgung - die soziale<br />
Spaltung der Gesellschaft. Diese Politik<br />
nach dem Motto „Privat vor Staat“ wird<br />
zunehmend in Frage gestellt. Und die<br />
Kommunen geben in der Bodenpolitik,<br />
bei der nachhaltigen Flächennutzung<br />
oder in der Verkehrswende dem Gemeinwohl<br />
eine größere Rolle. Sie trauen<br />
sich wieder zu planen - so sie denn<br />
in den seit vielen Jahren zusammengeschrumpften<br />
Planungs- und Bauämtern<br />
über ausreichendes und qualifiziertes<br />
Personal verfügen.<br />
Gebraucht wird für diesen politischen<br />
Aufbruch in eine nachhaltige und sozial<br />
gerechte Stadt ein neuer Konsens für<br />
16 REGENERATIVE DESIGN