WIE DINGE RESONANZBEZIEHUNGEN STIFTEN Martin Repohl (2) Oder: Mit dem Begriff der Beziehungsqualität die materielle Welt neu denken MARTIN REPOHL Dinge haben Anteil an Beziehung. Doch wie ihre Beschaffenheit und Materialität die Möglichkeit und Dynamik von Beziehung beeinflusst, bleibt oft unbemerkt und unhinterfragt. Dabei liegt hier ein wesentlicher Schlüssel für das Verständnis gegenwärtiger <strong>Transformation</strong>en. Denn wenn sich die materielle Lebenswelt des Menschen verändert, dann verändert sich auch die Möglichkeit dafür, wie Menschen sich zur Welt verhalten können und wie sich Beziehungen gestalten. Unter dem Stichwort materielle Beziehungsqualität rücken diese Fragen ins Zentrum der Aufmerksamkeit. 50 HUMAN CENTERED DESIGN
1. TRANSFORMATION THEMENÜBERGREIFEND DENKEN Vor über einhundert Jahren entwickelt der Philosoph und Mitbegründer der Soziologie Georg Simmel einen Gedanken, welcher für unser Verständnis der materiellen Welt als menschlicher Lebensraum noch immer von Bedeutung ist. So schreibt er in Der Begriff und die Tragödie der Kultur: „Ebenso steht es mit unserem praktisch-technischen Verhältnis zu den Dingen. Gewiss gestalten wir sie nur nach unseren Zwecken; allein sie sind diesen doch nicht absolut nachgiebig, sondern haben Inhalte und eine eigene Logik, durch deren Macht es zweifelhaft wird, ob unser Verfahren mit ihnen, durch einseitiges Interesse, Not oder Abwehr hervorgerufen, irgendwie in die Eigenrichtung unserer zentralen Entwicklung mündet“ (Simmel 2000: 211). Simmel verdeutlicht hier, dass sich der Mensch eine Lebenswelt schafft, indem er die Dinge nach seinen Zwecken und Zielsetzungen gestaltet und einrichtet, hinterfragt aber zugleich, ob das, was die so geschaffenen Dinge machen, überhaupt mit diesen Zwecken deckungsgleich ist. Hier wird eine Eigendynamik der dinglichen, materiellen Welt angedeutet, die nicht auf die in sie eingeflossene menschliche Zwecksetzung und auch nicht auf gesellschaftlich geteilte Beziehungsmuster reduziert werden kann. Was diesen Gedanken für heutige Problemkomplexe so spannend macht, ist die Art und Weise, wie Beziehung hier gedacht wird. Denn Simmel geht nicht von einem einseitigen Beziehungsverhältnis aus, in dem die Dinge lediglich passive Verfügungsmasse für die menschliche Zwecksetzung sind, sondern er verdeutlicht, dass auch Dingbeziehungen als wechselseitiges und dynamisches Beziehungsgeschehen gedacht werden müssen, da die Dinge ein ebenfalls aktives Gegenüber zum menschlichen Handeln bilden. Was zunächst sehr theoretisch klingen mag, wird umso anschaulicher, bezieht man diesen Gedanken auf aktuelle Trends in der Entwicklung unserer materiellen Welt. Beispiele, wie die dezentrale Produktion von Pilzmöbeln aus Küchenabfällen, die Herstellung von smarten und responsiven Materialien, kompostierbare Biopolymere, aber auch Repariercafés, Upcycling und Kreislaufdenken verdeutlichen, dass sich die materielle Lebenswelt in einer grundlegenden <strong>Transformation</strong> befindet. Hier wird eine materielle Eigendynamik nicht nur wirksam, sondern auch in einer Weise genutzt, die nicht auf Beherrschung, sondern auf ein koproduktives Interagieren ausgerichtet ist. Zugleich steht dies aber auch im krassen Kontrast zur gegenwärtigen Verarmung an Beziehungsmöglichkeiten, von denen der Verlust an tradiertem Wissen – beispielsweise im Handwerk – die weitere Monotonisierung der Lebenswelt durch immer mehr digitale Oberflächen und die globale Mikroplastikflut in Folge der Plastifizierung unseres modernen Lebens nur einige Beispiele sind. Was sich hier nur kursorisch andeuten lässt, ist ein vielfältiges Gemenge an Dingen, Stoffen, Materialien, Abfällen und Resten, Praktiken und Eigendynamiken, das durch Beziehungen beeinflusst wird und seinerseits die Möglichkeit für Beziehung selbst strukturiert. <strong>Transformation</strong> der materiellen Welt heißt heute also mehr als bloßes Verfügen und Einrichten, sondern meint auch ein Sich-Arrangieren „ mit dem, was bereits da ist und seinen Anforderungen. Um das, was hier im Entstehen begriffen ist, besser verstehen zu können, <strong>Transformation</strong> der materiellen Welt heißt heute also mehr als bloßes Verfügen und Einrichten, sondern meint auch ein Sich-Arrangieren mit dem, was bereits da ist und seinen Anforderungen. HUMAN CENTERED DESIGN 51
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