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Fachtagung 2.-3. März 2009 an der Universität

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Dorothee Kaiser<br />

1. Das Textsortenrepertoire <strong>der</strong> internationalen Studierenden<br />

weicht stark von den deutschen Schreibtraditionen ab, und<br />

zwar schon vor Beginn des Studiums.<br />

<strong>2.</strong> Wichtige Textsorten <strong>an</strong> Gymnasien und Hochschulen außerhalb<br />

Deutschl<strong>an</strong>ds sind <strong>der</strong> Essay, die Erzählung und <strong>der</strong> Bericht.<br />

<strong>3.</strong> Auch die Bewertungskriterien weichen von den <strong>an</strong> deutschen<br />

Hochschulen gängigen Bewertungskriterien ab: Formale<br />

Aspekte und <strong>der</strong> Umg<strong>an</strong>g mit Quellen spielen in <strong>an</strong><strong>der</strong>en<br />

Län<strong>der</strong>n eine eher untergeordnete Rolle, Stil und Originalität<br />

des Textes sind dagegen umso wichtiger.<br />

4. Mündliche Textsorten scheinen in <strong>an</strong><strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n einen<br />

beson<strong>der</strong>s hohen Stellenwert einzunehmen: Das mündliche<br />

Präsentieren wird häufig intensiver geübt als das Verfassen<br />

wissenschaftlicher Texte.<br />

Diese Ergebnisse zeigen einige wichtige Unterschiede zur deutschen Schreibtradition<br />

in <strong>der</strong> Wissenschaft: In <strong>der</strong> Schule als Erörterung geübt, sind die Seminararbeit<br />

(o<strong>der</strong> auch Hausarbeit), <strong>der</strong> Bericht und das Protokoll die zentralen Textsorten im<br />

geisteswissenschaftlichen Studium. Die wichtigsten Bewertungskriterien sind eine<br />

klare Textstruktur, <strong>der</strong> tr<strong>an</strong>sparente Umg<strong>an</strong>g mit den Quellen und das Erfüllen<br />

bestimmter formaler Kriterien (vgl. Kaiser 2002: 134-157). 4<br />

Diese Ergebnisse können dazu <strong>an</strong>regen, in wissenschaftlichen Schreibkursen für<br />

internationale Studierende stärker als bisher auf die bereits vorh<strong>an</strong>denen Textsortenkompetenzen<br />

aus <strong>der</strong> Muttersprache einzugehen und eine größere Sensibilität<br />

im Umg<strong>an</strong>g mit kulturellen Unterschieden zu entwickeln, gerade was Textstruktur,<br />

Stilideal und allgemeine Bewertungskriterien studentischer Texte betrifft.<br />

<strong>2.</strong>3 Grundsätzliche Überlegungen zur kontrastiven Textsortenlinguistik<br />

Die Umfrageergebnisse zu Textsorten in Schule und Studium weisen auch auf ein<br />

grundsätzliches Problem <strong>der</strong> kontrastiven Textsortenlinguistik hin: Was ist<br />

beispielsweise das Äquivalent zur deutschen Seminararbeit <strong>an</strong> einer finnischen<br />

Hochschule? Ist ein Essai in Fr<strong>an</strong>kreich dasselbe wie ein Essay in Engl<strong>an</strong>d o<strong>der</strong> ein<br />

ensayo in Sp<strong>an</strong>ien? Wo h<strong>an</strong>delt es sich um ähnliche Texttraditionen, wo gleichen<br />

sich nur die Textbezeichnungen? Wie k<strong>an</strong>n ich Texte aus verschiedenen Sprachen<br />

und Kulturen sinnvoll mitein<strong>an</strong><strong>der</strong> vergleichen?<br />

3 Die fachspezifischen Unterschiede, die hier aus Platzgründen zum Teil ausgeblendet werden müssen,<br />

sind allerdings nicht zu unterschätzen und gehören ebenfalls als wichtiges Element in die wissenschaftliche<br />

Textsortenkompetenz, vgl. hierzu Adamzik/Antos/Jakobs 1997 und Schrö<strong>der</strong> 1995.<br />

4 Ein weiteres wichtiges Ergebnis ist die Tatsache, dass offenbar mündliche Darstellungsformen im<br />

Studium auf dem Vormarsch sind, so auch in Deutschl<strong>an</strong>d: Aufgrund <strong>der</strong> neuen Techniken wie<br />

Powerpoint und Internet werden tendenziell weniger l<strong>an</strong>ge und komplexe Texte rezipiert und produziert.<br />

Auch dieser allgemeinen Tendenz <strong>der</strong> „Vermündlichung“ des Studiums sollte in den Kursen<br />

zum wissenschaftlichen Schreiben Rechnung getragen werden.

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