Preisfrage 2001 - Die Junge Akademie

isiko? Was, wenn seine Kalkulationen ihn betrogen haben? Wenn die
Welt sich doch nicht so willenlos berechnen lässt, wie er das gerne
hätte? Die anderen Crew-Mitglieder beobachten ihn verstohlen. Spüren
sie, wie er mit sich hadert? Merken sie, dass er schwankt? Viel Geld
hat man ihm anvertraut, um die Neue Welt zu finden. Was, wenn er
scheitert? Fast möchte er verärgert aufschreien bei dem Gedanken. Es
kann doch nicht sein, dass ihm ein Fehler unterlief. Aber kann er es
wissen? Kann er sich hundertprozentig sicher sein? Er schließt die
Augen, konzentriert sich, verbannt den an ihm nagenden Schmerz. Er
schließt das Buch und blickt durch das winzige Fenster nach draußen,
wo schweigend das riesige All sich öffnet.
November Die Trennung
›Nichts ist von Bestand!‹ bricht Julia tränenerstickt hervor, und Romeo
lässt den Kopf noch tiefer sinken, kauert wortlos in einer Ecke. ›Kann
es denn sein, dass es so endet?‹ Schluchzend wirft sie die Tür hinter
sich zu, lässt ihren Mann allein zurück. Während ihr Schmerz die rote
Farbe der Verzweiflung trägt, ist seiner von totem Schwarz. Zu lange
schon hatten sie sich nichts mehr zu sagen, retteten sie sich vom einen
Tag zum anderen. ›Ich habe meine Entsprechung in ihr verloren‹,
denkt Romeo und starrt die Zimmerwand an, wo früher über dem
Flachbildfernseher noch goldumrahmte Portraits der Capulets hingen.
Er weiß – sie beide wissen – dass sie sich nicht erst jetzt, sondern vor
langer Zeit schon trennten. Irgendwann war Romeo am frühen Morgen
aufgewacht und hatte die seltsam klare Gewissheit im Kopf, dass
ihre Liebe nie wieder so groß sein würde wie zu Beginn. In ebenjenem
Moment hatte Julia die Augen geöffnet, ihn angesehen – und gewusst,
was er dachte. Das Brennen in seinem Innersten, hinter den Augen
irgendwo, war mit jedem Tag größer geworden – zuerst hatte er nicht
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