Preisfrage 2001 - Die Junge Akademie
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›Wo kommen die denn her, Tante Edith?‹ versuchte ich es noch, aber<br />
verzagter, ich merkte, dass der Ton da war, den ich von zuhause kannte,<br />
er klang wie das Runterlassen von Rollläden.<br />
›Lass mich bloß in Ruhe mit den Glasnudelfressern aus Kambodscha!‹<br />
Sie drehte sich nicht mehr um, schlug nur noch den Teig über<br />
die Tischkante und ich hatte im allerletzten Moment aus Versehen<br />
gewonnen. Kambodscha, da kam also mein Schlitzauge her.<br />
Hör nur, Kambodscha, tönte es in meinem Kopf. Kambodscha, das<br />
klang nach Weite und Schönheit und sehr komischen Nudeln. Und<br />
ich wusste etwas mehr. Wieder wanderte ich über die Atlasseiten wie<br />
über eine satte Blumenwiese im Frühling. Und machte mich Samstag<br />
morgen zur Schulanfahrtszeit auf den Weg nach Fluterschen. Phnom<br />
Phen, Sihanoukville, Battambang, Siem Riap, Tonle Sap, Mekong,<br />
Pursat. Ich kannte nun Namen und während ich an den morgenfrühen<br />
glücklichen Kühen vorbeikam, rief ich ihnen diese Namen zu. Sie<br />
sahen mich darauf so resolut abweisend an wie meine Tante Edith.<br />
Aber später in Fluterschen lag wie mittags meine Verandavortreppe<br />
verlassen. Enttäuscht, mit Flatteratem wegen der Fahrt und meiner<br />
Spannung, stand ich in der Nähe des Hauses und fand es jetzt geheimnisvoll<br />
und nicht mehr hässlich. Ich traute mich nicht recht, es genau<br />
anzusehen und zuhause malte ich es deshalb. Im Malen wollte ich das<br />
Haus ausziehen, und wenn ich das hinbekommen hätte, dann hätte ich<br />
im Inneren den Schlitzäugigen gefunden und in dessen Augen wäre<br />
ich dem Ziel seiner Träume auf die Spur gekommen, das er sonst, in<br />
sich verschlossen, vor der Haustüre zu erwarten schien.<br />
Tatsächlich habe ich damals begonnen durch die, aus heutiger Sicht<br />
etwas absurden Wiederholungen dieses Türstehens, viel Verrücktes<br />
für das Kind, das ich einmal war, zu tun. Ich brachte es zur Meisterschaft<br />
der Portraitstudie dieses Hauses, als ob ich mir eine schüchtern<br />
Angebetete nur so gegenwärtig machen könnte. Und ich las in der<br />
Schulbibliothek über den Fernen Osten. Ich kannte dann sogar einige<br />
Literaten und Historisches über Kambodscha. Da gab es die Tempel<br />
von Angkor, deren Bilder für mich seltsam nach ungekannten Vogelstimmen<br />
klangen, die sich unter Baumriesen verfangen hatten, so<br />
anders als alles in meiner Welt, dass man mir die Abbildungen auch<br />
auf dem Kopf stehend in meine Bücher hätte drucken können, ich<br />
hätte es nicht weiter befremdlich gefunden.<br />
Einmal kam Papa in mein Zimmer, als ich im Bett lag und<br />
›ANGKOR‹ sagte, langsam, leise und gedehnt, spitz und schneuzig,<br />
giftig zischend oder blitzschnell. Und er fuhr mich, nachdem ich<br />
seinen Eintritt nicht bemerkt hatte, barsch an: ›Was tust du da,<br />
Norbert?‹ Er hätte mich lieber beim stiergesunden Onanieren erwischt,<br />
als bei diesen wahnwitzigen Sprachanfällen, in denen ich mir den<br />
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