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Preisfrage 2001 - Die Junge Akademie

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Langeweile reicht mir bis über die Fußknöchel. An meinen Füßen<br />

klebt ja auch der Dreck. Das Holz der Pritsche riecht modrig. Der<br />

Geruch gibt mir das Gefühl, als wäre ich irgendwo ganz weit weg. Wo<br />

sind Marco und Mercedes?<br />

Meine Ohren bluten. Das tut so weh, mein Nasenbein ist gebrochen.<br />

Das ist der Dreckhaufen, wo ich mein Gesicht gerade hineindrücke.<br />

Mein ganzer Körper vibriert dumpf. Das fühlt sich ja an, als wäre er<br />

ein klopfender Klangkörper. Mein Rücken krümmt sich, als hätte man<br />

mich mit einem Stahlseil zusammengebunden. <strong>Die</strong> Faust des Riesen<br />

rast direkt auf mein Gesicht zu. Schon wieder. Dann der dumpfe<br />

Schlag. Das helle Geräusch des Brechens meiner Nase. Jetzt weiß ich,<br />

wie es ist, wenn es die eigenen Knochen sind, die brechen. <strong>Die</strong> taube<br />

Stelle über meiner rechten Braue ist feucht. Seit wann ist eine<br />

Platzwunde taub? Auf dem rechten Auge sehe ich nicht mehr. Es ist<br />

verschwollen. Wie ein Golfball fühlt sich das an. Sie werden mich<br />

nicht brechen. Wenn ihr mich brechen wollt, werdet ihr es nicht<br />

schaffen. Zwei Dinge habe ich während des Unrechts gelernt: erstens<br />

dass ich einen freien Willen habe, zweitens dass ich dafür einstehe.<br />

Erstens ich habe einen freien Willen zweitens ich stehe dafür ein. <strong>Die</strong><br />

Zeitung wird es auch morgen noch geben. Wo sind Mercedes und<br />

Marco? Ich habe einen freien Willen, und ich stehe dafür ein. Gewissermaßen<br />

ist mir außer Marco, Mercedes und meinem Willen nichts<br />

geblieben.<br />

Ich rieche nach Kotze. Viel war nicht drin im Magen. In den<br />

ganzen Körper strahlt dieser dumpfe Schmerz. Als würde ich auf einem<br />

Lautsprecher sitzen. Ich kenne das. Am Anfang gibt es nur Schläge in<br />

die Weichteile. Dann weicht der Körper auf. Wird geschmeidig. Alles<br />

füllt sich mit Schmerz. Den kann man nicht lokalisieren. Ein vibrierendes<br />

Etwas, in dem der Schmerz in Wellen kreist. Der Riese ist ein<br />

Anfänger. Er hat mir ins Gesicht geschlagen. Ich habe Angst. Ich weiß,<br />

was kommt. Wenn sie mich noch mal holen. Sie werden mich nicht<br />

brechen. Sie wollen nichts wissen, sie wollen mir Angst machen. Wenn<br />

ich rauskomme, habe ich keine äußeren Kennzeichen der Behandlung.<br />

Normalerweise. Aber der Riese ist ein Anfänger. <strong>Die</strong> denken, sie haben<br />

mir genug Angst gemacht. Eigentlich könnten sie mich nach Hause<br />

schicken. Aber was mache ich dann da? Ich werde nicht aufgeben, ich<br />

kann es nicht. Ich spanne mich an. Jeden Teil meines Körpers, bis ich<br />

hart bin wie Stein, unverrückbar wie die Felsen des Roque de los<br />

Moheires. Mein Rücken schmerzt. Wann mir dort Schläge beigebracht<br />

wurden, weiß ich gar nicht mehr. Sie werden mich nicht fällen. Ich bin<br />

die ewigen Bäume der Wüste. Nichts dörrt sie aus.<br />

Ohne Uhr keine Orientierung. <strong>Die</strong> Dunkelheit lässt die Quadrate<br />

an der Wand matt leuchten, oder eher der Mond. Der Mond lässt sie<br />

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