24.12.2012 Aufrufe

Preisfrage 2001 - Die Junge Akademie

Preisfrage 2001 - Die Junge Akademie

Preisfrage 2001 - Die Junge Akademie

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Cognac, befahl Else Elisabeta. Ich trinke doch nicht, sagte die Putzfrau.<br />

Mir, mir sollst du von meinem Cognac geben. Elisabeta erhob<br />

sich ohne Widerworte, ging in die Küche, nahm das gespülte, bauchige<br />

Cognacglas von der steinernen Spüle. Sie kam zurück ins Zimmer, wo<br />

Else ungeduldig auf ihrem Sessel hin und her rutschte. Sie wies in<br />

Richtung der Cognacflasche auf dem kleinen Tisch vor dem Sofa.<br />

Elisabeta schenkte ein, schwenkte das ziemlich volle Glas, damit der<br />

Cognac Luft holen konnte. Sie reichte es Else. Ihre Lippen legten sich<br />

um den Rand wie gespannte Bänder. Was für ein unnachgiebiger Mund,<br />

dachte die Putzfrau. Bedächtig umklammerte Else den Cognacschwenker,<br />

lehnte sich mit dem gesamten Oberkörper zurück in den Sessel<br />

und nahm einen mundfüllenden Schluck. Jetzt eine Zigarette, wie<br />

früher, sagte Else. Du darfst doch nicht rauchen. Deine Lunge. Sag du<br />

mir nicht, was ich darf, schrie Else und wies zur Kommode. Elisabeta<br />

öffnete die oberste Schublade. Filterlose Zigaretten, die Zigarettenspitze,<br />

Tabakbrösel, Streichhölzer. Du hast sie aufbewahrt, die ganze<br />

Zeit über hast du sie aufbewahrt! Else nahm einen tiefen Zug, und die<br />

gespannten Bänder lockerten sich bei einem nicht enden wollenden<br />

Hustenanfall. Else prustete, du hast ihn auf dem Gewissen.<br />

*<br />

Tadeusz Jaworski führte Elisabeta Galuszka in die Enge des kargen<br />

Mansardenzimmers. Ich komme Sie gegen vier Uhr abholen. Tadeusz<br />

schloss die Tür hinter sich. Elisabeta setzte sich auf das frisch bezogene<br />

Bett, ließ sich nach hinten fallen, verschränkte die Hände hinter<br />

ihrem Kopf, starrte die Decke an. Ein Trommeln ließ sie erwachen.<br />

Es ist vier Uhr, tönte es durch die Tür hindurch. Elisabeta stand auf,<br />

torkelte schlaftrunken zur Tür, öffnete sie. Nur einen Spalt breit.<br />

Tadeusz hatte eine Brille auf der Nase, die Strickjacke schlabberte ein<br />

wenig um die Schultern. Gleich fertig, antwortete Elisabeta schlaftrunken.<br />

Sie zog sich den Rock zurecht, glättete die knittrige Bluse am<br />

Bund und folgte dem dünnen Mann in Strick.<br />

Im Wohnzimmer saß die kleine, strenge Frau auf dem Sofa, aus<br />

der Zigarettenspitze qualmten noch immer Rauchkringel. Setz dich,<br />

sagte die Frau. Wenn du willst, kannst du bei mir bleiben. Ich habe<br />

hier ein paar Regeln, die du beachten musst. Frau Jaworski sprach<br />

trotz der Anwesenheit ihres Mannes nie in der Wirform. Sie übergab<br />

Elisabeta ein Papier mit ihren Geboten. Pünktlichkeit, Sauberkeit, Verschwiegenheit,<br />

kein Besuch, kein Ausgang ohne Meldung. Wir haben<br />

uns verstanden? Mein Mann wird dir die Küche zeigen. Um acht Uhr<br />

ist Frühstück, um eins Mittag, um sieben steht das Abendessen auf<br />

dem Tisch. Wir haben selten Besuch. Wenn jemand da ist, schweigst du.<br />

Tadeusz lächelte Elisabeta an. Alles in Ordnung, sagten seine breit<br />

68

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!