Preisfrage 2001 - Die Junge Akademie
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Cognac, befahl Else Elisabeta. Ich trinke doch nicht, sagte die Putzfrau.<br />
Mir, mir sollst du von meinem Cognac geben. Elisabeta erhob<br />
sich ohne Widerworte, ging in die Küche, nahm das gespülte, bauchige<br />
Cognacglas von der steinernen Spüle. Sie kam zurück ins Zimmer, wo<br />
Else ungeduldig auf ihrem Sessel hin und her rutschte. Sie wies in<br />
Richtung der Cognacflasche auf dem kleinen Tisch vor dem Sofa.<br />
Elisabeta schenkte ein, schwenkte das ziemlich volle Glas, damit der<br />
Cognac Luft holen konnte. Sie reichte es Else. Ihre Lippen legten sich<br />
um den Rand wie gespannte Bänder. Was für ein unnachgiebiger Mund,<br />
dachte die Putzfrau. Bedächtig umklammerte Else den Cognacschwenker,<br />
lehnte sich mit dem gesamten Oberkörper zurück in den Sessel<br />
und nahm einen mundfüllenden Schluck. Jetzt eine Zigarette, wie<br />
früher, sagte Else. Du darfst doch nicht rauchen. Deine Lunge. Sag du<br />
mir nicht, was ich darf, schrie Else und wies zur Kommode. Elisabeta<br />
öffnete die oberste Schublade. Filterlose Zigaretten, die Zigarettenspitze,<br />
Tabakbrösel, Streichhölzer. Du hast sie aufbewahrt, die ganze<br />
Zeit über hast du sie aufbewahrt! Else nahm einen tiefen Zug, und die<br />
gespannten Bänder lockerten sich bei einem nicht enden wollenden<br />
Hustenanfall. Else prustete, du hast ihn auf dem Gewissen.<br />
*<br />
Tadeusz Jaworski führte Elisabeta Galuszka in die Enge des kargen<br />
Mansardenzimmers. Ich komme Sie gegen vier Uhr abholen. Tadeusz<br />
schloss die Tür hinter sich. Elisabeta setzte sich auf das frisch bezogene<br />
Bett, ließ sich nach hinten fallen, verschränkte die Hände hinter<br />
ihrem Kopf, starrte die Decke an. Ein Trommeln ließ sie erwachen.<br />
Es ist vier Uhr, tönte es durch die Tür hindurch. Elisabeta stand auf,<br />
torkelte schlaftrunken zur Tür, öffnete sie. Nur einen Spalt breit.<br />
Tadeusz hatte eine Brille auf der Nase, die Strickjacke schlabberte ein<br />
wenig um die Schultern. Gleich fertig, antwortete Elisabeta schlaftrunken.<br />
Sie zog sich den Rock zurecht, glättete die knittrige Bluse am<br />
Bund und folgte dem dünnen Mann in Strick.<br />
Im Wohnzimmer saß die kleine, strenge Frau auf dem Sofa, aus<br />
der Zigarettenspitze qualmten noch immer Rauchkringel. Setz dich,<br />
sagte die Frau. Wenn du willst, kannst du bei mir bleiben. Ich habe<br />
hier ein paar Regeln, die du beachten musst. Frau Jaworski sprach<br />
trotz der Anwesenheit ihres Mannes nie in der Wirform. Sie übergab<br />
Elisabeta ein Papier mit ihren Geboten. Pünktlichkeit, Sauberkeit, Verschwiegenheit,<br />
kein Besuch, kein Ausgang ohne Meldung. Wir haben<br />
uns verstanden? Mein Mann wird dir die Küche zeigen. Um acht Uhr<br />
ist Frühstück, um eins Mittag, um sieben steht das Abendessen auf<br />
dem Tisch. Wir haben selten Besuch. Wenn jemand da ist, schweigst du.<br />
Tadeusz lächelte Elisabeta an. Alles in Ordnung, sagten seine breit<br />
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