Preisfrage 2001 - Die Junge Akademie
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hatte und monotone Fenster die Wände zierten wie Topflappen, die<br />
wuchernden Büsche des Vorgartens abgehackt waren, da war das Werk<br />
beendet. Ein weiteres Haus wie alle anderen stand in Fluterschen.<br />
Und dann kam der Tag, an dem Kisten und Koffer vor dem ermordeten<br />
Haus standen, das wahrscheinlich in seinem neuen Kleid für<br />
die Kambodschaner zu teuer wurde. Sie verschwanden, nahmen ihre<br />
unorthodoxen Kisten und Plastiktüten und die größer gewordenen<br />
Kinder, die mir von fern ans Herz gewachsen waren, und meinen<br />
Monsunisten mit und verließen die Kulisse meiner Kindheit. Ich<br />
schlich ein paar mal in einiger Entfernung um die Abreisenden<br />
herum, ohne Gebüsche, um mich dahinter zu verstecken und trauerte<br />
um die einzigen Exoten, die meiner Heimat zugeflüstert hatten, dass<br />
es draußen eine Welt gäbe. Sie bemerkten mich nicht, oder übersahen<br />
mich mit der diskreten Wohlerzogenheit des Ostens. Es gab keinen<br />
Gruß, nichts, und weg war er mein Monsunist mit seinem leeren Blick.<br />
Aber er ließ mir mit der Trauer auch seinen Monsun, den ich über sein<br />
Haus im früheren Zustand ergoss, Bild um Bild. Das war meine Noldephase.<br />
›Norbert Nolde und die Sintflut‹, sagte mein Kunstlehrer lächelnd,<br />
der zunehmend mehr auch an meiner Privatarbeit interessiert war<br />
und der mich manchmal zu sich nach Hause einlud. ›Was sagen Ihre<br />
Eltern zu all dem?‹ fragte er dann.<br />
›Zu was – all dem – ?‹ fragte ich zurück, ›Meine Eltern wissen<br />
nicht, ob sie sich mehr vor meinen Bildern oder vor mir grausen sollen.<br />
Ich glaube sie hoffen insgeheim immer noch darauf, dass ich endlich<br />
meine Zeitschriften und Pinsel auf eine Moto Guzzi umabonniere,<br />
mich aus der Asche der vergangenen Jahre erhebe und dann Fußball<br />
spiele. Nein, Herr Lindner, glauben Sie mir nichts! Ich weiß komischerweise<br />
genau über sie zu wenig, nur dass sie sich wirklich Sorgen<br />
um meine haltlose Art machen, und das auch nur, weil sie über mich<br />
genauso wenig wissen, wie andersherum.‹<br />
Aber ich war wirklich traurig um den Verlust des Abgereisten,<br />
denn ich war mir dessen bewusst, dass er ohne es zu wollen eine große<br />
Rolle gespielt hatte in den Entscheidungen über meine Zukunft, die<br />
nicht in meiner Hand lagen.<br />
Unterdessen lief alles natürlich so weiter wie immer: <strong>Die</strong> glücklichen<br />
Rinder dekorierten unverändert die Landschaft auf dem<br />
Weg hin und zurück von der Schule. Ich las jetzt im Bus, um sie nicht<br />
grinsen zu sehen, wie ich glaubte. Und meine rücksichtslose Tante<br />
Edith brachte mich dann an einem unserer Truthahnessen des ersten<br />
Weihnachtstages, den wir immer zusammen mit ihr verbrachten, endgültig<br />
um meinen ersten Mythos. Mama hatte ihren ewigen Truthahn<br />
bereitet, den ganzen Morgen lang. Sie stöhnte. Edith und ihr Mann<br />
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