Preisfrage 2001 - Die Junge Akademie
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Das Schweigen des Schmerzes<br />
Behandlung traumatisierter Überlebender von organisierter Gewalt<br />
und Verbrechen gegen die Menschlichkeit<br />
Maggie Schauer<br />
I. Vorwort<br />
Das Schweigen des Schmerzes entstand aus Tagebuchaufzeichnungen<br />
einer Forschungsreise der Nichtregierungs-Organisation vivo (victim’s<br />
voice). In den Jahren 2000 – <strong>2001</strong> unternahmen klinische Psychologen<br />
und Flüchtlingsforscher von vivo und der Universität Konstanz in Nord-<br />
Uganda eine großangelegte epidemiologische Untersuchung (›Demography<br />
of Forced Migration‹) und boten Überlebenden schwerster<br />
Menschenrechtsverletzungen aus dem Sudan psychotherapeutische<br />
Behandlung an. Ein Jahr später fuhr das Psychologenteam wieder nach<br />
Uganda, zur Nachuntersuchung der Flüchtlinge. Der nachfolgende<br />
kursive Text ist dem, während der Therapie erarbeiteten Augenzeugenbericht<br />
der sudanesischen Überlebenden Agnes 1 entnommen.<br />
<strong>Die</strong> Schmerzen beim Sprechen über und beim Hören von traumatischen<br />
Lebensereignissen, die Konfrontation mit der Todesangst, die<br />
Furcht nicht verstanden zu werden in der eigenen Scham, Schuld und<br />
der personalen Entwürdigung angesichts des Unaussprechlichen, führt<br />
sowohl beim Opfer als auch den Helfern nicht selten dazu, die Aufarbeitung<br />
der grauenvollen Ereignisse vermeiden zu wollen. Herkömmliche<br />
psychosoziale Programme versuchen oft, von der Vergangenheit<br />
abzulenken, gegenwärtige Ressourcen zu stärken und die Gedanken<br />
auf die Zukunft zu lenken. Demgegenüber aber besteht bei den Überlebenden<br />
selbst, trotz aller Angst, ein starker Wunsch nach Mitteilung<br />
des Erlebten und nach Anerkennung der Menschenrechtsverletzung.<br />
Traumatisierte Menschen leiden unter der Erinnerung an lebensbedrohliche<br />
Ereignisse, die in der Vergangenheit stattgefunden haben;<br />
unter erworbenen ›Furchtnetzwerken‹, welche unvorhersagbar zünden<br />
können. Sie leiden unter einer Störung des episodischen Gedächtnisses:<br />
Fragmente des Horrors überfallen den Überlebenden später, sodass<br />
Körper und Geist wieder und wieder in einen psycho-physiologischen<br />
Alarmzustand (Todesangst) versetzt werden und das Opfer glaubt,<br />
die Bedrohung sei immer noch gegenwärtig. Neue Forschungsergebnisse<br />
zeigen: Wenn das Durcharbeiten, das Sprechen über den erlebten<br />
Horror gelingt, wenn der Überlebende die Möglichkeit hat, die<br />
angsterregenden Bruchstücke und sensorischen Erinnerungsfetzen in<br />
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