Preisfrage 2001 - Die Junge Akademie
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Stadtluft und meine Schwester war an diesem Tage zu schön, um<br />
ansprechbar zu sein. Aber seitdem gingen mir die Vögel nicht mehr<br />
aus dem Sinn.<br />
Zuhause schien es mir nur konsequent, dass das mit den Verkrüppelungen<br />
mit der Stadt zu tun hatte, mit den Gefahren und Verderbnissen<br />
der Großstadt, in der wir Gott sei Dank nicht lebten. Ich tastete<br />
mich voran. Konnte es sein, dass sich die Tauben gegenseitig kaputt<br />
machten, wie Kannibalen, oder dass es die Fehlernährung wie bei den<br />
Indern war oder die typische Traurigkeit der Stadtbewohner? Am Ende<br />
war ich überzeugt, es läge an den Autos und an den Straßenbahnen,<br />
die ich allerdings in Köln gar nicht gesehen hatte. <strong>Die</strong>se Theorie<br />
brachte eine weitere Frage mit sich. Ganz klar, es waren die Straßenbahnen,<br />
die den Tauben brutal über ihre leichten Gummifüßchen<br />
fuhren und sie fürs Leben zerstörten. Wie aber kam es, dass sie so<br />
kunstvoll nur die Füße und Beine erwischten und doch keine Tauben<br />
mit Hammerhäuptern oder Pfannkuchenhälsen herumhüpften?<br />
Ich ahnte zum ersten Mal das Ende meines Universums und die<br />
Weite dahinter anhand der Taubenfüße. Es gab ungeahnte Gebiete, die<br />
ich nicht verstand und nicht einmal andenken konnte. Danach beschäftigte<br />
ich mich noch öfters damit, wie man mit so großen Geräten<br />
wie Straßenbahnen so präzise Kleinstarbeit leisten konnte, aber ich<br />
kam nicht weiter. Stattdessen kam ich aufs Gymnasium und fragte<br />
mich nicht warum, was ich hätte tun können, denn in meiner Familie<br />
war noch nie jemand aufs Gymnasium gegangen. Ich musste jetzt<br />
mit dem Bus drei Orte weiterfahren, eine Strecke, die ich sonst selten<br />
entlang gekommen war. Mich interessierte in der Schule nichts, außer<br />
das Malen, darin war ich gut, und ich war gut im Hausaufgaben abschreiben.<br />
Biologie hatte ich schnell aufgegeben nach anfänglicher<br />
Hoffnung, denn dort machten wir Aufklärung und das kannte ich alles<br />
schon, aber die Tauben wurden nie erwähnt. Dass ich nicht aufflog bei<br />
meiner ganzen satten sonstigen Fraglosigkeit war erstaunlich, aber<br />
ich schwamm durch. Dann aber geschah das wirkliche Wunder: <strong>Die</strong><br />
zweite Frage zog am Horizont auf, und sie war es, die mir mit ihren<br />
Verknüpfungen die Schulkarriere rettete, denn sonst hätte man mich<br />
doch eines Tages wie ein Bündel Bohnenstroh vor die Schultüren<br />
geworfen.<br />
Es war an einem dieser Morgen, die nur durch ihre Formlosigkeit<br />
gehalten wurden, als ich in die Schule fuhr. Ans Busfenster<br />
gelehnt sah ich hinaus in die Dörfer mit ihren musikalischen Namen:<br />
Fluterschen, Bettgenhausen und Orfgen – und ich hätte auch schlafen<br />
oder gleich tot sein können, so wach war mein Zustand. Bei uns auf<br />
dem Land sah man viele Rinder grasen und Kühe, die Braunfleckigen,<br />
und ich denke es waren alles glückliche Rinder, vielleicht viel glück-<br />
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