Preisfrage 2001 - Die Junge Akademie
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Das Gefängnis des Denkers<br />
H.-G. Ullmann<br />
Fünf Fragmente über Prometheus und den Schmerz des Menschen, aufgefunden<br />
und zusammengetragen von Tim Wurzer bei seinem Versuch,<br />
die <strong>Preisfrage</strong> der <strong>Junge</strong>n <strong>Akademie</strong> für das Jahr <strong>2001</strong>: ›Was ist es, das in<br />
uns schmerzt‹ zu beantworten – Eingesandt von Mirja Rasic, Kellnerin<br />
im Café Metropol, wo sie nachfolgende Aufzeichnungen samt der besagten<br />
Fragmente vorfand.<br />
I.<br />
Wenn’s schmerzt: Ablenkung! Besser als Trost. Ein paar Weilen den<br />
Schmerz vergessen. Egal welchen. Auch den Schmerz jetzt im Kopf, im<br />
Herz oder sonstwo in mir. Nicht mehr an und um ihn herumdenken.<br />
Kein: ›Warum habe ich nur? Wie konnte sie überhaupt? Woran hat es<br />
bloß?‹ mehr. Keine Gründe dafür. Keinen Sinn davon. Kein Fragen<br />
danach. Bloß weg. Nach Paris, ausgerechnet. Aber passt gerade. Will<br />
diese Figur von Rodin ansehen. Wegen dem Wettbewerb. Obwohl<br />
der mich wieder erinnert: Was schreiben oder machen zum Thema<br />
›Schmerz‹. Ausgerechnet. Ausgerechnet Schmerz, ausgerechnet Paris.<br />
Aber jetzt alles abstrakt, intellektuell. Ich komme von hinten, das<br />
merkt MEIN Schmerz vielleicht nicht. Das besonders Schmerzende im<br />
allgemein Betrachteten wenigstens verdünnen. Auch eine Methode,<br />
geht manchmal. Chemie des Denkens. Für den Schmerz von innen.<br />
Paris allein, klar, ist Mist. Aber erstens nicht zu ändern und zweitens<br />
jetzt besser als in den Schmerzkulissen sitzen bleiben. Wände sprechen,<br />
Räume, Anblicke. Und wenigstens waren WIR nie in Paris. Wollten<br />
zwar immer, aber waren nicht. Also Fahrplan, drei Stunden<br />
braucht’s bloß, Tasche und los. Warten am Gleis. Beobachten, Menschen<br />
unterwegs, manch offensichtliche und viele verborgene Motive.<br />
Viel verborgener Schmerz auch vielleicht. Der Wettbewerb. Ich werde<br />
was schreiben. Mehr Kunst kann ich nicht. Habe aber Glück: In einem<br />
ausgeliehenen Rodin-Bildband getippte Abschrift gefunden. Gute<br />
Inspiration, wirklich . . .<br />
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