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Preisfrage 2001 - Die Junge Akademie

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eine Hölle für Leute, die zu hohe Dinge erforschen wollen.‹ Möglicherweise<br />

gehört auch der alte Mann zu denen, die zu hohe Dinge erforschen<br />

wollen. Vor dem Höllentor des Dante’schen Inferno steht er<br />

jedenfalls schon:<br />

Per me si va nella città dolente,<br />

per me si va nell’eterno dolore ... 1<br />

Ich werde im Folgenden die These vertreten, dass man die <strong>Preisfrage</strong><br />

auf zweifache Weise verstehen kann, die ich das kleine Schmerzproblem<br />

(III) und das große Schmerzproblem (IV) nennen werde.<br />

Während das kleine Schmerzproblem prinzipiell beantwortbar zu sein<br />

scheint, gilt dies für das große Schmerzproblem nicht. Bei ihm handelt<br />

es sich um eine Scheinfrage. Denn es ist unmöglich, die Klasse des<br />

(subjektunabhängigen) Schmerzes als solche zu bilden, nach der das<br />

große Schmerzproblem fragt (V). Scheinfragen wie die vorliegende<br />

provozieren das, was man tautologische Antworten genannt hat. Das<br />

heißt: Es wird sich zeigen, dass man sie zwar formal beantworten<br />

kann, dass aber die Antwort material leer ist (VI).<br />

Schauen wir uns die Frage etwas genauer an: ›Was ist es, das in<br />

uns schmerzt?‹ Sie hat das Format einer Was-ist-X-Frage. Für das X<br />

müsste man hier ›das, was in uns schmerzt‹ einsetzen. Eine Was-ist-X-<br />

Frage erwartet als Antwort eine Definition von X. Welche Definition<br />

erwartet wird, hängt davon ab, ob das, was definiert werden soll, existiert<br />

oder nicht. Existiert das X in unserer Welt (ist also z. B. ein Hase),<br />

so wird man es mit einer Realdefinition bestimmen können, existiert<br />

es nicht (z. B. ein Einhorn), so wird man es nur mit einer Nominaldefinition<br />

bestimmen. Nominaldefinitionen haben den Nachteil, dass<br />

sie auf bloßer Konvention beruhen. So ließe sich für das Einhorn<br />

neben der konventionellen Definition als weißes Pferd mit einem Horn<br />

auf der Stirn auch jede andere widerspruchsfreie Bestimmung angeben.<br />

Dann würde man eben den Begriff ‚Einhorn‘ anders verwenden<br />

als üblich. Wenn unser X nicht existierte, könnte man also prinzipiell<br />

jede widerspruchsfreie Bestimmung als Antwort präsentieren. Aber<br />

das ist es ja sicherlich nicht, was der alte Mann erwartet hätte. Er geht<br />

wie wir sicherlich davon aus, dass das X etwas ist, das existiert. <strong>Die</strong><br />

Frage<br />

(1) Was ist es, das in uns schmerzt?<br />

präsupponiert also, dass es etwas gibt, das in uns schmerzt. Sie setzt<br />

die Existenz einer Entität voraus, die in uns schmerzt:<br />

(2) Es gibt etwas, das in uns schmerzt.<br />

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