Preisfrage 2001 - Die Junge Akademie
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überhaupt diese einzelnen Schmerztypen als Typen für uns alle gibt.<br />
Das scheint nicht von vornherein klar zu sein. Denn dazu müssten sie<br />
intersubjektive Vorkommnisse sein. Sind sie das aber? Und: Ist es mir<br />
schon alleine überhaupt möglich, meine Schmerzvorkommnisse zu<br />
sortieren und in Klassen zu ordnen? Wie spreche ich denn von meinen<br />
Schmerzen?<br />
(a) ›Ich habe Kopfschmerzen‹, ›Mein Kopf schmerzt‹; (b) ›Ich habe<br />
Magenschmerzen‹; (c) ›Ich habe Liebesschmerz‹. <strong>Die</strong> Schmerzen, die<br />
ich damit zum Ausdruck bringe, haben folgende Eigenschaften: 1. Sie<br />
sind jemandes Schmerzen (sie existieren nicht ohne einen Träger, der<br />
sie hat, d.h. sie sind subjektgebunden), 2. sie sind meine Schmerzen,<br />
nicht deine oder jemand anderes Schmerzen, 3. sie existieren zu einem<br />
bestimmten Zeitpunkt, zu dem auch ich existiere oder existiert habe<br />
(d. h. sie sind zeitgebunden), 3. sie haben eine bestimmte Qualität und<br />
Intensität (d. h. sie sind Kopf- oder Magen- oder Liebes- oder Weltschmerzen,<br />
aber nicht nur einfach Schmerz, der sich nicht von anderem<br />
Schmerz unterscheiden ließe). Genau genommen müsste man<br />
deshalb eigentlich immer, wenn man Schmerzen hat, Folgendes sagen:<br />
(a) (<strong>Die</strong>s ist) mein Kopfschmerz, den ich jetzt habe, (b) (<strong>Die</strong>s ist) mein<br />
Magenschmerz, den ich jetzt habe, (c) (<strong>Die</strong>s ist) mein Liebesschmerz,<br />
den ich jetzt habe.<br />
Schmerzen scheinen also absolut individuelle Vorkommnisse zu<br />
sein, die einer Typenbildung nicht zugänglich sind. Außerdem ist auch<br />
die verfeinerte Rede von meinen Schmerzen noch zu ungenau. ›(<strong>Die</strong>s<br />
ist) mein Kopfschmerz, den ich jetzt habe‹ bezeichnet nicht immer<br />
dasselbe. Genauer sollte ich sagen: (a.1) ›Mein starker Migräne-Kopfschmerz,<br />
den ich jetzt habe‹ oder (a.2) ›Mein leichter Übermüdungskopfschmerz,<br />
den ich jetzt habe‹. Nun handelt es sich hierbei um auf<br />
mich relativierte Schmerzen (das deuten die Possessivpronomina an),<br />
gleichwohl haben wir es aber doch nicht mit individuellen Instanzen,<br />
sondern mit Typen zu tun. Denn es ist in der Regel so, dass immer<br />
dann, wenn ich Kopfschmerzen habe, sie scheinbar im Kopf sind,<br />
Migräne-Kopfschmerzen immer in der rechten Kopfhälfte, Übermüdungskopfschmerzen<br />
immer vorne in der Stirn. Meine einzelnen<br />
Kopfschmerzvorkommnisse ähneln sich in einer Hinsicht und unterscheiden<br />
sich gleichzeitig auch hinreichend genug in anderen Hinsichten.<br />
Deshalb kann ich bestimmte Schmerztypen, die einzelne Schmerzinstanzen<br />
umfassen, von anderen Schmerztypen, die andere Schmerzinstanzen<br />
umfassen, unterscheiden. (Es bleibt allerdings die offene<br />
Frage, wie man die einzelnen Instanzen, die ja räumlich und zeitlich<br />
indiziert sind, überhaupt miteinander vergleichen kann. Frege hat es<br />
auf den Punkt gebracht: Entweder sind zwei Dinge x und y vollkommen<br />
ähnlich. Dann kann ich sie auch vergleichen. Oder sie sind in<br />
mindestens einer Hinsicht verschieden. Dann ist es unmöglich, sie zu<br />
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