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Preisfrage 2001 - Die Junge Akademie

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Was schmerzt?<br />

Gedanken zum kleinen und großen Schmerzproblem<br />

Gregor Damschen<br />

I. Der Kontext der Frage<br />

Es ist eine nichttriviale Einsicht, dass es keine Fragen gibt, die nicht<br />

an einen bestimmten Kontext gebunden sind. Normalerweise wird<br />

man auf diese Einsicht nicht eigens hinweisen, weil der Realkontext,<br />

in dem eine Frage steht, den Adressaten der Frage auch unausgesprochen<br />

bereits bekannt ist. Das ist z. B. in den meisten spezialisierten<br />

Disziplinen der Wissenschaften und Künste der Fall, aber auch in<br />

Standardsituationen des alltäglichen Lebens. Bei akademischen <strong>Preisfrage</strong>n<br />

wie der vorliegenden trifft das jedoch nicht zu. Denn hier ist<br />

der Adressatenkreis so inhomogen, dass man nicht einfach davon ausgehen<br />

kann, dass alle Adressaten die Frage als dieselbe, an einen<br />

bestimmten Kontext gebundene Frage verstehen werden. Manche <strong>Akademie</strong><br />

hat mit dieser Mehrdeutigkeit des Fragens gespielt und der<br />

Frage bewusst keinen Kontext hinzugefügt; oder sie hat ihn zumindest<br />

nicht explizit verschriftlicht. Anders verhält es sich bei der vorliegenden<br />

Frage: Sie liefert einen bestimmten Kontext mit, in den die Frage<br />

eingebettet ist. Man würde deshalb die Minimalstandards der Texthermeneutik<br />

unterlaufen, wenn man die kleine Rahmengeschichte und<br />

ihre Protagonisten nicht ernst nähme. Es würde allerdings zu weit<br />

führen, die ganze Rahmengeschichte selbst als die Frage anzusehen.<br />

Im Folgenden soll die Rahmengeschichte nur als Kontext verstanden<br />

werden, durch den die von ihm verschiedene eigentliche Frage als<br />

eine inhaltlich bestimmte Frage kenntlich wird.<br />

Wer stellt die eigentliche Frage überhaupt? <strong>Die</strong> <strong>Junge</strong> <strong>Akademie</strong>?<br />

Nein, im Gegenteil: ein alter Mann. Der alte Mann diskutiert mit<br />

einem <strong>Junge</strong>n über die Befindlichkeit des Denkers von Rodin. Der<br />

Abguss der Skulptur steht als Teil der größeren unvollendeten Arbeit<br />

Rodins mit dem Titel ›Höllentor‹ im Mittelpunkt eines Gartens in Paris.<br />

<strong>Die</strong> beiden Diskutanten, der junge und der alte, sind sich nicht darüber<br />

einig, was der in einer seltsamen Position sitzende Denker für ein<br />

Befinden hat. Der alte Mann referiert zunächst die Meinung, der Denker<br />

sei traurig oder denke an das Schicksal der Welt. Möglicherweise<br />

leide er auch an Weltschmerz. Der <strong>Junge</strong> ist pragmatischer und konkreter:<br />

Der Denker leide wohl eher an Rückenschmerzen. Aber das soll<br />

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