Preisfrage 2001 - Die Junge Akademie
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›Red keinen Scheiß‹, hörte ich da eine Stimme und es war am Ende<br />
meine, die sich über die verstiegenen Bilder der Szene ärgerte. ›Das<br />
gibt es alles nicht, alles gelogen.‹ Aber die andere Hälfte in mir war in<br />
Gang gekommen und wehrte sich irritiert, aber ungebremst. ›Gut, du<br />
brauchst nicht zuhören, niemand erzählt diese Geschichte für dich!‹<br />
Aber ich war doch vor mir selbst erschrocken und erzählte mir die<br />
folgenden Szenen erst später, wie hinter dem Rücken meiner mir aberzogenen<br />
Phantasie, die auf freiere Zeiten gelauert hatte. Für wen<br />
erzählte ich denn? Ging es darum eine andere Welt zu begreifen oder<br />
nur endlich meinen weggesperrten Gedanken die Käfigtüren zu öffnen?<br />
Es ist egal. Jedenfalls dachte ich ihm immer nahe liegende Rollen<br />
zu, wie diese: Auf einer Veranda unter glänzend lackierten Ziegeln<br />
lehnte an einem farblos jungen kambodschanischen Morgen, noch<br />
bevor der Tag dort Zeit hatte, mit dem Schwitzen zu beginnen, mein<br />
Fremder an einer Säule. Er sah nicht mehr leer, sondern zielstrebig<br />
gespannt, in höchstem Maß am Leben, auf einen Punkt. Er fixierte das<br />
Nachbarhaus, zu einem Beobachter geworden, kein Träumer mehr,<br />
denn er war jetzt zuhause. Dort tat sich was, unter den übergroßen<br />
Blättern der fleischfressenden Pflanze am Eingangstor. Eine dünne<br />
Frau mit Kind lungerte im Umkreis dieses bösen Gewächses herum.<br />
Dann hörte mein Beobachter ein Zischen, ein giftiges: ›Nur rein jetzt,<br />
aber dalli!‹ Das Gatter flog auf und fleischfressend und widerlich wie<br />
ihre Pflanze stand die Tante des <strong>Junge</strong>n im durchscheinenden<br />
Frühmorgen. Sie sah sich um. Oh nein, die Frau hatte zwar nur zwei<br />
Striche als Augen, aber alles andere an ihr sah meiner Tante Edith verdammt<br />
ähnlich. Der Arme war also auch mit solcher Verwandtschaft<br />
geschlagen. Aber jetzt sah ich es noch besser, als sie den <strong>Junge</strong>n am<br />
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