Preisfrage 2001 - Die Junge Akademie
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nicht nur dem Schmerz eine klare Platzierung zugewiesen wird. In ihr<br />
wird jeder unvermittelte Blick auf die der Schmerzdimension des<br />
Menschen verbundene mythische Figur des ›Baums der Erkenntnis‹ –<br />
den Cassirer mit Berkeley hinter der ummantelnden Symbolform der<br />
Sprache einsetzt – ebenso vermieden wie der Blick in die ungeordneten<br />
›Räume des Himmels‹. 34 <strong>Die</strong> zur Bestimmung der Schmerzerfahrung<br />
herangezogenen Momente von Prozessualität der Handlung, Räumlichkeit<br />
der Erfahrung und Gebärde des Körpers verweisen diese<br />
weniger auf die Physiologie, sondern im Durchgang eine für ihre Bestimmung<br />
bedeutende Sprachphilosophie auf eine hier angesprochene<br />
ästhetische Anthropologie des Gartens. In ihrer etwa bei Gide, Valéry<br />
oder Winkler zu studierenden, über den Verweis auf den Paradiesmythos<br />
hinaus reichenden Gestaltung sind die bestimmenden Elemente<br />
einer Sprache der Schmerzerfahrung, die sich des Gartens nicht nur<br />
als Motiv bedient, versammelt. Indem der sich im Schmerz abwendende<br />
Mensch den Garten denkt, sich in ihm und als sein Teil denkt,<br />
entzieht er sich dem so in seiner symbolischen Dimension bestimmten<br />
und lokalisierten Schmerz: verwandelt er die zerstörende in eine bildende<br />
Energie. Eine fortwährende Abwesenheit des Unmittelbaren<br />
scheint dem sich im und gegen den Schmerz erfindenden Menschen<br />
die einzige Möglichkeit, sich dessen anmaßender Gewalt zum Trotz in<br />
einer Anwesenheit des Geistigen zu behaupten. Wenn auch nicht<br />
schmerzfrei, so doch – im Leben und zumindest ahnend, was es ist,<br />
das in ihm schmerzt.<br />
1 Zur Geschichte der Sinne vgl. die Einträge zu Auge, Ohr (Wulf), Nase, Mund<br />
(Mattenklott) und Hand (Gebauer) in Christoph Wulf (Hrsg.): Vom Menschen.<br />
Handbuch Historische Anthropologie, Weinheim und Basel 1997, 446– 488.<br />
2 Zum Begriff der psychischen Energien bei Cassirer vgl.: Ders.: Der Begriff der<br />
symbolischen Form im Aufbau der Geisteswissenschaft, in: Philosophie der symbolischen<br />
Formen – Wesen und Wirkung des Symbolbegriffs, Darmstadt 1994, 200.<br />
3 Vgl. hierzu Erwin Panofsky: <strong>Die</strong> Perspektive als symbolische Form, in: Ders.: Aufsätze<br />
zu Grundfragen der Kunstwissenschaft, hrsg. von H. Oberer und E. Verheyen,<br />
Berlin 1998, 99– 168. Zur Diskussion der Kategorien Raum und Ort vgl. Marc Augé:<br />
Orte und Nicht-Orte. Frankfurt am Main 1994.<br />
4 Ich folge hier wie später: Robert F. Schmitt: Nociception und Schmerz, in: Robert F.<br />
Schmidt und Gerhard Thews (Hrsg.): Physiologie des Menschen, Berlin, Heidelberg,<br />
New York u. a. 1987.<br />
5 <strong>Die</strong> These, dass eine Schmerzempfindung wie alle anderen bewussten Sinneseindrücke<br />
nicht ohne die Mitwirkung der Großhirnrinde möglich ist, wurde insbesondere<br />
durch Beobachtung von Hirnverletzten des zweiten Weltkriegs ausgearbeitet.<br />
Insbesondere mit Blick auf sensorisch-diskriminative und kognitive Komponenten<br />
der Schmerzempfindung war zuvor, in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts,<br />
die Ansicht vorherrschend, dass der Cortex für das Entstehen bewusster Schmerzempfindungen<br />
nicht unbedingt notwendig sei. Vgl. Anm. 4.<br />
6 Zur Geschichte der Medizin vgl. den Eintrag: Krankheit und Gesundheit von <strong>Die</strong>ter<br />
Lenzen in: Wulf (Hrsg. ): Vom Menschen. Handbuch historische Anthropologie,<br />
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