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Masterarbeit Këngë për fëmijët e vegjel. Reime für kleine Kinder. Wenn man diese Kategorien näher betrachtet, findet man unzählige Themenbereiche. Doch letztend- lich stammen diese immer aus der Lebenswelt des Kindes, oder wie Ruth Lorbe es treffend schildert: „Das Thema der Kinderlyrik ist die Welt. In den Gedichten und Liedern begegnet das Kind der Welt“ (1984, S. 341). So bezieht sich Lyrik für Kleinkinder zunächst auf die engste Umgebung, das Kind wird mit den alltäg- lichen Dingen vertraut gemacht, so etwa mit Teilen seines Körpers, wenn die Mutter oder der Vater eine Maus über seinen Bauch krabbeln lässt, es an der Nase kitzelt, oder mit seinen Fingern spielt. Es werden Spiele und Spielzeug beschrieben, Tiere aus der Umgebung und Motive werden mit Bewe- gungen untermalt. Mit Schlaf- und Wiegenliedern wird das Kind beruhigt und mit Zuchtreimen, oder lehrhaften Versen zurechtgewiesen. Mit der Zeit erweitern sich die Themenbereiche, was man beson- ders an den Tieren beobachten kann, von denen viele Verse handeln, es kommen immer wieder neue dazu (vgl. Franz, 1979, S. 56). Auch Erscheinungen der Natur, Jahreszeiten und weitere Bezugspersonen werden in den Reimen thematisiert, mit dem erweiterten Blick auf die Umwelt erfährt das Kind zugleich eine vertiefte Begeg- nung mit den Dingen, oder wie Franz schreibt: “Sozialisation vollzieht sich in der Auseinandersetzung mit der Realität“ (1979, S. 57). So repräsentieren Kinderreime eine Kinderliteratur, die genau den kindlichen Bedürfnissen entspricht. Marquardt geht davon aus, dass man von Kinderlyrik im eigentlichen Sinne erst sprechen kann, wenn sich in einem Text – inhaltlich und formal – die Vorstellungswelt des Kindes deutlich abzeichnet (vgl. 2010, S.68). Bis auf einige kleine Feinheiten, die am Schluss dieser Arbeit beschrieben sind, unterscheidet sich die albanische Kinderlyrik von den Themen, Inhalten und Strukturen nicht von der deutschsprachigen. Die Reime lassen sich problemlos den oben beschriebenen Kategorien zuordnen. 4.1.3. Elemente und Strukturen der Kinderlyrik Vor allem für die traditionelle Kinderlyrik lassen sich typische Gestaltungsmerkmale auf der formalen, äusseren Textebene beschreiben. Dies sind die Elemente Reim, Metrum, bzw. Rhythmus, Wiederho- lungen und Klang. Als höhere Ordnungsprinzipien dominieren sie die Kinderlyrik nicht nur auf der formalen Ebene, sondern auch im Bezug auf die inhaltliche Aussage, dabei scheint der semantische Gehalt oft von zweitrangiger Bedeutung zu sein (vgl. Wildenmann, 2003, S.43). Kinderreime sind ohne weiteres verständlich, der Wortschatz ist der jeweiligen Altersstufe angemes- sen und vom Umfang her eher beschränkt. Abstrakte Begriffe und schwierige Ausdrücke fehlen weit- gehend. Auch für den Satzbau gilt das Prinzip der Einfachheit. Knappe Hauptsätze werden bevorzugt, Nebensätze und komplizierte Satzgefüge vermieden (vgl. Franz, 1979, S. 62-68). Ein weiteres, ganz wesentliches Element ist die Bildhaftigkeit der Sprache. Der Wert von Kinderpoesie hängt von der Wirkung ihrer Bilder ab. Es sollen genaue, unverfälschte Bilder vermittelt werden (vgl. Gelberg, 1972, S.137). HfH Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik. Departement 1. 2008-2011. Regula Wettstein 10
Masterarbeit Këngë për fëmijët e vegjel. Reime für kleine Kinder. Mindestens 95% der gesamten deutschen Kinderlyrik ist gereimt. Dieses Merkmal trifft auch auf die bearbeiteten albanischen Reime zu. Neben der alten, viel genutzten Form des Stabreims 1 , findet man vor allem die vertrauten Endreime, deren Wirkung auf dem Gleichklang von Wörtern vom letzten be- tonten Vokal beruht (vgl. Franz, 1979, S.76). Dieses Prinzip des Reimens ist für Kinder von grosser Bedeutung. Bodensohn (1965, S. 38) be- schreibt dies poetisch und treffend: Das Kind fordert den Reim als musikalisches Lautsymbol. Doch waltet im Reim zugleich ein konstruktives schöpferisches Prinzip, insofern er das gegenständlich Auseinanderliegende zusammenbindet und harmo- nisch eint... Die Übereinstimmung des Verses empfindet das Kind wie eine Wortschaukel, von der es in re- gelmässiger Wiederkehr ausschwingend erhoben, nach der Zäsur des pausierenden Anhalts entsinkend wieder zurückgeschwebt wird. Es erlebt so das Geheimnis des gefährdeten Gleichgewichts und das be- stimmende Gesetz der Konzentration. Damit wird in den gleitenden Bezügen der Seele jeder Vers zum Gleichnis für Aufbruch, Ankunft und Heimkehr. Der Reim und die metrische Bindung also sind auch aus entwicklungsgeschichtlicher und entwick- lungspsychologischer Sicht bedeutsam. Die Kinder suchen bei Eigenprodukten, die im rhythmischen Spiel entstehen und inhaltlich sinnlos sein können, von sich aus immer die Bindung durch den Reim (vgl. Atanassoff, 1970, S.33). In diesem Zusammenhang betont Stein, dass für Kinder, genau so wie für die Völker der Frühzeit, welche noch keine Schrift kannten und ihre Dichtungen ebenfalls mündlich überlieferten, der Reim als Gedächtnisstütze eine wichtige Funktion erfüllt und darum unverzichtbarer Bestandteil ist (vgl. 1966, S.2). Neben dem Reim bestimmt das Versmass den metrischen Rahmen der Kinderlyrik. Generell kann man feststellen, dass im Kinderreim oft Kurzzeilen mit zwei bis vier Hebungen bevorzugt werden. Das metrische Schema wird von Trochäen 2 , Jamben 3 und Daktylen 4 bestimmt, was jedoch selten im gan- zen Text durchgehalten wird. Das lässt sich damit begründen, dass Kinderreime stark funktionsbezo- gen und dem Gestaltungs- und Umgestaltungsprozess im Kindermund unterworfen sind. Das Metrum wird durch die rhythmische Bewegung des Tanzens, Laufens, Springens, Sich-Drehens oder der ab- zählenden Hand geprägt (vgl. Franz, 1979, S. 79). Auch hier weisen die albanische Kinderreime die- selben Strukturen auf. 1 Beispiel für einen Stabreim: Manche Mäuse mögen Mandeln. 2 Trochäus: Auf eine lange (schwere) Silbe folgt eine kurze (leichte). 3 Jambus: Auf eine kurze (leichte) Silbe folgt eine lange (schwere). 4 Daktylus: Auf eine lange (schwere) Silbe folgen zwei kurze (leichte) (vgl. Franz, 1979, S.74-80). HfH Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik. Departement 1. 2008-2011. Regula Wettstein 11
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