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А. Монастырский, Н. Панитков, И. Макаревич, Е. Елагина, С ...

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Rhythmisierung der zeitlichen Folge. Aber bereits seit den Anfängen der Gruppentätigkeit, die im<br />

ersten Band der KA (1976-1980) dokumentiert sind, werden von den „Kollektiven Aktionen― auch<br />

Zeichenmaterialien, die aus dem Raum der Metropole Moskau stammen, dem Prozess einer<br />

ideologischen Entleerung unterzogen. In diesem Zusammenhang verdienen die Losungsaktionen, aus<br />

denen sich im Laufe der Jahre eine ganze Serie herausgebildet hat, besondere Beachtung. Wie stellen<br />

sich Dir die Beziehungen zwischen äußeren und inneren Kontexten am Beispiel dieser<br />

Losungsaktionen dar<br />

A.M.: Die Entfernung von äußeren sowjetischen Kontexten begann praktisch gleich nach der ersten<br />

Aktion „Losung 1977―, bei der noch die Form einer sowjetischen Losung verwendet wurde. Die<br />

zweite Aktion „Losung 1978― war bereits eine Reflexion über den inneren Inhalt der ersten Losung,<br />

während es bei der dritten Losung nicht nur um die Entfernung des Texts aus dem Bereich der<br />

visuellen Anschauung, sondern auch aus der Diskursivität in die Deskription ging, d. h. um die<br />

vollkommene Formalisierung und „Nullifikation― jedes erdenklichen ideologischen Diskurses. Die<br />

nächste Aktion „Losung 1986― bringt gewissermaßen aus der vollkommenen Leere, aus der<br />

Landschaft (ohne anschaulichen „Losungscharakter―) einen ganz anderen Diskurs in diese Serie<br />

zurück, der lediglich mit apriorischen Kontemplationen, mit Raum und Zeit verbunden ist (ihr Text<br />

ist das Vorwort zum vierten Band der „Reisen aus der Stadt―). In der plastischen Dimension wird der<br />

Formalismus der sowjetischen Ideologie in einer „kindlichen Ideologie― in Form eines<br />

„Kindergeheimnisses― zum Verschwinden gebracht, bei dem eine Eule und ein Hund vergraben<br />

wurden, die aus einer geschwärzten Karte der UdSSR hergestellt waren. Die nächste „Losung 1989―<br />

ist ein Ready-Made (oder Pop-Art) der neu entstehenden Ideologie des Monetarismus, die sich in<br />

Russland in den 1990er Jahren in voller Pracht entfaltete. Auch hier sehen wir wieder eine starke<br />

Berührung der inneren und äußeren Kontexte (die „Unmerklichkeit― als ästhetische Kategorie der<br />

KA und der anwachsende Monetarismus, der auf der Finanztafel der Losung seinen Ausdruck<br />

findet).<br />

Die „Losung 1990― ist schwierig für den Diskurs. Sie hat irgendwie mit äußeren chthonischen<br />

Welten (Moskauer Metro) und meinen persönlichen psychodelischen Abenteuern Anfang der 1980er<br />

Jahre zu tun. Die nächste „Losung 1996― wird geradezu aus dieser chthonischen Welt<br />

„emporgezogen―. Dabei erscheint die Figur des professionellen sowjetischen Philosophen Michail<br />

Ryklin mit dem Schicksal des neurussischen Diskurses verknüpft. Bei der „Losung 2003― (mit<br />

Heidegger) handelt es sich um eine Einzelaktion, die jedoch tief in der allgemeinen Struktur zweier<br />

Aktionen verankert ist, und zwar der „Aktion mit der Uhr― und der eigentlichen Losung. Sie gründet<br />

sich auf solche Begriffskategorien wie „Verborgenheit― und „Ort― (aber nicht „Raum―).<br />

Die letzte „Losung 2005― wurde an demselben Ort wie die vorhergehende realisiert. Es ist eine<br />

Aktion innerhalb der Serie, die gleichzeitig verschiedene Linien der KA fortsetzt, nicht nur die Linie<br />

der eigentlichen Losungen (sie führt beispielsweise auch die Linie der Aktionen „Mittel zur Reihe―<br />

und „Gegen das Licht― weiter).<br />

S.H.: Einerseits passen sich die Losungen der KA also an die Ausdrucksformen des umgebenden<br />

Zeichenmilieus an, durch das Verfahren der seriellen Wiederholung wird jedoch für die Zuschauer<br />

zugleich ein anderer Wahrnehmungshorizont eröffnet. Dieser Akt der Distanzierung ist mit<br />

kritischen Intentionen verbunden. In der „Losung 1977― ist das „Wir― durch ein „Ich― ersetzt, und in<br />

einem persönlichen Text heißt es: „Ich beklage mich über nichts, und mir gefällt alles, ungeachtet<br />

dessen, dass ich noch nie hier war und nichts über diese Gegend weiß.― In der Fortsetzung der Serie<br />

wird die erste Losung durch die zweite „Losung 1978― in ihrer Bedeutung relativiert: „Seltsam,<br />

warum habe ich mich selbst belogen, dass ich niemals hier war und nichts über diese Gegend weiß –<br />

denn eigentlich ist es hier so wie überall, nur dass man das hier noch deutlicher spürt und noch tiefer<br />

nicht versteht.― Die Variationen innerhalb der Serie lenken die Aufmerksamkeit immer mehr auf die<br />

formbildenden Faktoren, während gleichzeitig eine inhaltliche Entleerung stattfindet. Bereits in den<br />

poetischen Texten der beiden ersten Losungen der KA wird durch paradoxale sprachliche<br />

Konstruktionen in der Tradition zen-buddhistischer Koans eine Aufhebung des Sinns angestrebt. In<br />

der dritten Losung „Für G. Kizeval‘ter―, die so aufgehängt wurde, dass der Text nicht mehr zu<br />

entziffern war, bleibt lediglich die äußere materielle Form, das Design ohne Inhalt übrig.<br />

Am Beispiel der Losungen wird deutlich, welche große Rolle das Prinzip der Serialität in der<br />

Ästhetik der KA spielt. Die Serialität stellt das konventionelle Verständnis eines Kunstwerks als<br />

Einzelwerk mit fest umrissenen Grenzen in Frage. Die repetitiven Strukturen verweisen einerseits

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