Beziehungsweise(n) - SSOAR
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„Wochenend-Ehen“. Die Normalbiographie wird zur Wahl- oder Bastelbiographie,<br />
traditionelle Bindungen – Klasse, Religion, Familie –<br />
büßen an Stärke ein, es entstehen neue Freiheiten, aber auch neue<br />
Zwänge. Nach Beck-Gernsheim kommt „nach der Familie“ wieder<br />
die Familie: nämlich die Verhandlungsfamilie, die Wechselfamilie. In<br />
Zukunft werden für immer mehr Menschen stabile Phasen im Lebenslauf<br />
mit Phasen des Experimentierens (teils freiwillig, teils erzwungen)<br />
wechseln, eine Reihe von Entscheidungen ist zu treffen,<br />
eine Vielzahl von Entscheidungskonflikten wird es zu bewältigen<br />
gelten. Die „Brüchigkeit“ wird zur Norm und zu einem Charakteristikum<br />
zukünftiger Familien.<br />
Menschen suchen jedoch nach wie vor ihr individuelles Glück in<br />
der Familie, in einer Partnerschaft oder anderen persönlichen Beziehungen.<br />
Meyer unterstreicht in diesem Zusammenhang, dass Individualisierung<br />
gleichzeitig mit einer stärkeren Bindungsorientierung,<br />
jedoch unter veränderten Vorzeichen einhergeht. Heute steht die<br />
Erfüllung in der Partnerschaft im Vordergrund. Eine Beziehung sollte<br />
mehr sein als ein gegenseitiges Auskommen, als ein bloßes Arrangement<br />
zwischen Mann und Frau. Werte, die tatsächlich in einer<br />
Partnerschaft vorherrschen sollten, sind andauernde Erfüllung,<br />
höchstes Glück und brennende Liebe. Eine mögliche Trennung ist<br />
nicht mehr ausschließlich negativ besetzt, sondern wird unter bestimmten<br />
Umständen als einzige Alternative gesehen: 14 „Jetzt heißt<br />
es nicht mehr, bis dass der Tod uns scheidet, sondern: solange uns<br />
die Liebe verbindet.“ 15<br />
Während VertreterInnen der „Niedergangsthese“ der romantischen<br />
Liebe wie unter anderen Niklas Luhmann und Ann Swidler die<br />
zunehmende Indvidualisierung und Pluralisierung als Gefahren für<br />
die romantische Liebe brandmarken, beobachtet Beck eine Bedeutungssteigerung<br />
von Liebe. Liebe werde vielmehr zur „irdischen Religion“<br />
und zwar sowohl als Folge der Individualisierung als auch als<br />
„passgerechte Gegenideologie der Individualisierung.“ 16 Das Suchen<br />
und Finden der einen „einzigartigen Liebe“ wird für die Menschen zu<br />
einer grundlegenden Lebensaufgabe, auch wenn diese schon mehrere<br />
gescheiterte Beziehungen hinter sich haben. 17<br />
14 Vgl. Meyer, T. (2002), S. 210f.<br />
15 Meyer, T. (2002), S. 212.<br />
16 Beck, U. /Beck-Gernsheim, E. (1990), S. 9.<br />
17 Vgl. Lenz, K. (2006), S. 229f.<br />
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