Beziehungsweise(n) - SSOAR
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Erotik als kulturelle Norm verbreitet und äußert sich durch die Freiheit,<br />
den sexuellen Genuss um seiner selbst Willen zu suchen. Die<br />
spätmoderne Erotik ist völlig losgelöst von Liebe und Sex und kann<br />
jede beliebige Verbindung eingehen oder wieder verlassen. 48 Sie<br />
spiegelt die multiplen, flexiblen und vergänglichen Identitäten der<br />
Frauen und Männer wider und hat ihren Einsatz im Dienste eines<br />
neuen Musters der Reproduktion sowie sozialer Integration verändert,<br />
indem nun die Natur selbst die Helferrolle der Sexualität spielt<br />
und nicht mehr umgekehrt. 49<br />
4.3.3 Der Geschlechter-Rahmen<br />
Die gängige gegenwärtige Auffassung der gegenseitigen sexuellen<br />
Anziehung von Mann und Frau ist jene, dass die Gegensätze der<br />
Geschlechter als solche die sexuelle Flamme entzünden. Diese Beziehung<br />
wird als biologisch erforderlich und kulturell natürlich angesehen.<br />
Welche Rolle die primären „Geschlechts-Merkmale“ im Gebiet<br />
Sexualität und Geschlecht ausüben, ist schwer zu sagen. Wir<br />
müssen uns fragen, inwiefern die in unserer Gesellschaft zur Norm<br />
gewordene Zweigeschlechtlichkeit vorgegeben oder konstruiert ist?<br />
Die Mann-Frau-Paarung wird als selbstverständliches sexuelles<br />
Grundmuster der Gesellschaft gedacht. Das Konzept der Spannung<br />
bzw. Anziehung zwischen den Geschlechtern passt perfekt in dieses<br />
Denkschema. Interessant daran ist, dass Sexualität nach dieser<br />
Vorstellung nicht einfach gegeben ist, sondern aus etlichen sozialen<br />
Momenten, wie den Gegenpolen zweier Individuen und aus deren<br />
geschlechtlichen Unterschieden, entsteht. Folglich wird vor allem das<br />
Besondere an den Geschlechtern betont, und es wird als erstrebenswert<br />
angesehen, dem Geschlechtstypus eindeutig zu entsprechen.<br />
Seit ca. 1950 legt die Wissenschaft ihr Augenmerk auf Ähnlichkeiten<br />
der sexuellen Funktionsweisen und Gelüste bei den Geschlechtern.<br />
Thesen und Ergebnisse der empirischen Sexualforschung<br />
liefert zum Beispiel die Studien von Kinsey und Masters/Johnson,<br />
welche sexuelle Erfahrungen und Verhaltensweisen<br />
von Männern und Frauen erforschten und darstellten. 50<br />
Freuds bekannte Frage „Was will das Weib?“, erklärt die Psychoanalytikerin<br />
und Soziologin Jessica Benjamin 51 mit der gegenwärtigen<br />
Bedeutung von Weiblichkeit, welche auch heute noch weit verbreitet<br />
das Fehlen eines eigenen aktiven Verlangens suggeriert.<br />
48 Vgl. Bauman, Z. (2002), S. 32f.<br />
49 Vgl. Bauman, Z. (2002), S. 33ff.<br />
50 Vgl. Lautmann, R. (2002), S. 61ff.<br />
51 Vgl. Benjamin, J. (1985), S. 88.<br />
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