Beziehungsweise(n) - SSOAR
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seitens der Eltern, sind häufig nicht förderlich für eine gelingende<br />
Partnersuche oder Beziehung. Eltern nehmen ihren Kindern womöglich<br />
sämtliche Herausforderungen ab, wodurch diese nie lernen ,<br />
selbstständig zu sein; und dies wäre auch in einer Beziehung hinderlich.<br />
Der Partner müsste viel an Pflege und zusätzlicher Arbeit übernehmen,<br />
oder ein persönlicher Assistent übernimmt diese Aufgaben,<br />
welcher aber wiederum als Belastungsfaktor für die Partnerschaft<br />
gesehen werden kann.<br />
Menschen, die von Geburt an eine körperliche Behinderung<br />
haben, werden meist schon von Beginn an „sonderbehandelt“. Klee<br />
nennt dies den Start in die Isolationskarriere, die durch lange Aufenthalte<br />
in Sonderabteilungen, -kindertagesstätten, -schulen und<br />
Heimen fernab von der Sozialgemeinschaft gekennzeichnet ist. 2 Ein<br />
Effekt, den das Aufwachsen in Institutionen hervorruft, ist, dass<br />
Menschen mit Körperbehinderung vorwiegend auch Menschen mit<br />
Behinderung kennenlernen. So entwickeln sich mehr Beziehungen,<br />
in denen beide Partner eine Behinderung aufweisen, obwohl großteils<br />
der Wunsch nach einem nichtbehinderten Partner da ist. Goffman<br />
betont, dass die Solidarisierung mit einem nichtbehinderten<br />
Partner Vorteile hätte in Bezug auf das Erleichtern gewisser Situationen<br />
im Alltag und eine Teilhabe an die Welt der nichtbehinderten<br />
Menschen erleichtern würde. Goffman konstatiert bei stigmatisierten<br />
Individuen eine besondere Ambivalenz, die im wesentlichen davon<br />
herrührt, dass sie hin und hergerissen sind zwischen verschiedenen<br />
Identifikationsmöglichkeiten. Sie können sich an „Ihresgleichen“ orientieren,<br />
wobei eher gegenseitiges Verständnis vorherrschen würde<br />
,oder sie richten sich nach den „Normalen“. Dies bedeutet Anpassung<br />
an die Bedürfnisse der Nichtbehinderten und womöglich auch<br />
Annahme der Vorurteile gegenüber Menschen mit Behinderung. 3<br />
Wenn einer der Partner sehen kann, ist damit garantiert, dass das<br />
Paar nicht nur in der Blindenwelt lebt. Durch den sehenden Partner<br />
gelingt eine weitgehende Integration in die „Welt der Sehenden“.<br />
Auch bei Menschen, die im Rollstuhl sitzen, vermuten Autoren und<br />
Betroffene eine verbesserte Lebensqualität durch eine Beziehung zu<br />
einer nichtbehinderten Person. 4<br />
In der Literatur zum Thema wird immer wieder die Wichtigkeit<br />
einer Partnerschaft und Ehe auf das Selbstwertgefühl betont:<br />
„Wenn die Behinderung soziologisch einen Sonderfall des sozialen<br />
Stigmas darstellt, so ist die Ehe eine Institution, welche<br />
für den Behinderten – über die Befriedigung der normalen se-<br />
2 Vgl. Klee, E. (1980), S. 24.<br />
3 Vgl. Goffman, E. (1967), S. 133ff.<br />
4 Vgl. Heßmer, H. (1986), S. 159ff.<br />
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