Beziehungsweise(n) - SSOAR
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„[…] und irgendwann hat aber der C. mehr oder weniger fast<br />
drauf bestanden, weil er gesagt hat, wir fahren immer nach<br />
Kärnten und dort ist es kein Thema, und er wollt einmal nach<br />
Frohnleiten mitfahren, und dann hab ich mich halt doch aufgerafft<br />
und hab es meiner Mutter gesagt. Und ja es war dann eh<br />
okay, es wäre nie ein Problem gewesen[…] (Fabian, 41 Jahre,<br />
9 Jahre in Beziehung)<br />
Beiden Erzählungen liegt eine Erwartungsproblematik zugrunde,<br />
jedoch auf unterschiedlichen Ebenen. Während sich die Paarbeziehung<br />
von Barbara innerhalb eines heteronormativen Kontexts durchsetzen<br />
muss und dort zeigen muss, dass sie ihren eigenen und den<br />
Ansprüchen der Eltern genügt, hat Fabian das Problem, die (antizipierte)<br />
enttäuschte Erwartung damit zu rechtfertigen, dass einzig<br />
eine homosexuelle Beziehung den Ansprüchen seiner sexuelle Orientierung<br />
genügt. Einfach formuliert heißt das: Damit weder die<br />
Paarbeziehung noch die Beziehung zu den Eltern gefährdet wird,<br />
müssen Barbaras Eltern davon überzeugt werden, dass diese Beziehung<br />
die richtige für Barbara ist, während Fabians Mutter davon<br />
überzeugt werden muss, dass Fabians sexuelle Orientierung die<br />
richtige für ihn ist.<br />
Selbstverständlich ist dieses Autoritätsgefälle nur modellhaft<br />
und erhält in der Praxis unterschiedlichste Ausformungen: So hat<br />
Stefan beispielsweise bewusst seit Jahren keinen Kontakt zu seinem<br />
Vater und seinen Geschwistern und zwar nicht, weil er schwul ist,<br />
sondern weil sie „einfach mehr oder weniger konservativ bis zum<br />
geht nicht mehr“ sind, während das Verhältnis zu seiner Mutter ein<br />
freundschaftliches ist.<br />
Hier zeigt sich auch der Unterschied zur „biographischen<br />
Selbstverständlichkeit“ bei David und Barbara: Während dort die<br />
Familie von Anfang an in die Beziehung eingebunden ist und zwischen<br />
Paarbeziehung und Familie ein Kompromiss mehr oder weniger<br />
geschlossen werden muss 13 , beschließt Stefan – da die Differenzen<br />
zwischen seinen und den Ansichten seiner Familie schlicht<br />
zu groß sind – den Kontakt abzubrechen.<br />
Die horizontalen Familienbeziehungen haben im Gegensatz zu<br />
den vertikalen einerseits ein weitaus geringeres, zu vernachlässigendes<br />
Autoritätsgefälle, andererseits hat deren Autoritätsgefälle<br />
weniger Variationsbreite. Wie vorhin erwähnt haben Beziehungen<br />
zwischen Eltern und Befragten – wie bei Stefan – das Potential, von<br />
Eltern-Kind-Beziehung in eine freundschaftliche Beziehung überzugehen.<br />
13 Vgl. Maier, M. S. (2008), S. 95ff.