Beziehungsweise(n) - SSOAR
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schaft nun verstärkt geführt wird. Die Zunahme an Partnerschaftstipps<br />
von PsychologInnen im Fernsehen oder in Zeitschriften und an<br />
Beratungsangeboten bei Problemen in der Partnerschaft ist offensichtlich.<br />
Cancian und Gordon, die eine Studie zur Darstellung von<br />
Liebe in amerikanischen Frauenzeitschriften durchführten, stellen<br />
fest, dass es bereits in den 1950ern zu einem kontinuierlichen „Anstieg<br />
der Ratschläge von psychologisch geschulten Experten und<br />
Expertinnen“ 38 gekommen ist, der sich in den folgenden Jahrzehnten<br />
in seiner Intensität noch verstärkte. Lenz erwidert gegenüber dem<br />
Konzept des therapeutischen Ideals, dass die zunehmende Nachfrage<br />
der Menschen nach ExpertInnenwissen eher Resultat anderer<br />
Veränderungen sei und nicht selbst ausschließlich die Ursache für<br />
die Veränderungen des Beziehungsideals. 39 Auch Thomas Meyer<br />
beobachtet ein steigendes Interesse für ExpertInnenwissen im Bereich<br />
Liebe, Partnerschaft, Familie und Erziehung. Dadurch, dass<br />
sich die Menschen an diesen Ratschlägen orientieren und diese als<br />
Legitimation für Handlungen heranziehen, kommt es dazu, „dass die<br />
private Lebenswelt zunehmend ihres überlieferten Traditions- und<br />
Sinnzusammenhangs entkleidet wird.“ 40 Der britische Soziologe<br />
Simon Williams spricht von einer „new industry of ‚therapeutic expertise‘“,<br />
in der es darum geht „how best to ‚manage‘ our emotions,<br />
resolve our ‚troubles‘ and ‚make the most‘ of our lives, thereby<br />
achieving our ‚full potential‘.“ 41<br />
In Anlehnung an diese empirischen und theoretischen Ergebnisse<br />
gingen wir zu Beginn der Forschung davon aus, dass in den<br />
Zeitschriften WIENERIN und GQ viele ExpertInnen zum Thema Liebe<br />
und Partnerschaft zu Wort kommen würden, um die Sehnsucht<br />
der LeserInnen nach ExpertInnenwissen zu stillen. In der Männerzeitschrift<br />
GQ konnte sich diese Annahme nicht bestätigen, hier äußern<br />
sich kaum ExpertInnen. Ganz anders in der WIENERIN. Vor<br />
allem seit Mitte der 1990er nehmen in den meisten analysierten Artikeln<br />
ExpertInnen zu unterschiedlichen Themenbereichen Stellung.<br />
Bei Partnerschaftsproblemen zum Beispiel wird oftmals auf die Möglichkeit<br />
einer Therapie verwiesen. So meint 2001 eine Sexualtherapeutin:<br />
„Dabei ist Imago weniger eine Therapie als ein Coaching, und<br />
heute lässt man sich ja auch coachen, wenn man vor<br />
wichtigen beruflichen Entscheidungen steht. Jeder macht<br />
einen Führerschein für das Auto, nur bei Beziehungen hat<br />
38 Lenz, K. (2006), S. 233.<br />
39 Vgl. Lenz, K. (2006), S. 233.<br />
40 Meyer, T. (2006), S. 220.<br />
41 Williams, S. (2001), S. 10.<br />
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