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Beziehungsweise(n) - SSOAR

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„Die Erfahrung zeigt eher, dass Menschen mit Behinderung,<br />

vor allem die von Geburt an blind sind, sich eher einen Partner<br />

suchen, der auch eine Behinderung hat.“ (Ursula, Dipl. Behindertenpädagogin,<br />

4 Jahre Praxis).<br />

Diese Erfahrung wurde auch in weiteren Interviews bestätigt. Es<br />

kommen häufiger Partnerschaften vor, in denen beide Partner eine<br />

Behinderung haben, als Beziehungen, in denen nur ein Partner eine<br />

körperliche Behinderung hat. In Bezug auf die Gründe teilen sich die<br />

Expertinnen eine Meinung: Es liegt an den Isolationsbedingungen,<br />

denen Menschen mit Behinderung von Kleinkindalter an ausgesetzt<br />

sind. Eine Abgrenzung von den nichtbehinderten Kindern beginnt<br />

meist in der Schulzeit, wo beispielsweise blinde Kinder auf eine Spezialschule<br />

geschickt werden. Schulkollegen und Freunde sind selber<br />

entweder sehbehindert oder blind. Auch bei Veranstaltungen vom<br />

Blindenverband sind meist nur blinde oder sehbehinderte Leute anzutreffen.<br />

Ein weiterer Aspekt von Behinderteninstitutionen liegt nach<br />

Ansicht der Expertinnen darin, dass Menschen mit Behinderung dort<br />

nicht kochen, putzen, waschen usw. lernen, weil diese Tätigkeiten<br />

von den Betreuern und Angestellten der Einrichtung übernommen<br />

werden. Dieses Faktum ist nicht förderlich für eine funktionierende<br />

Beziehung, da der Partner noch mehr Hilfestellung und Betreuungsfunktion<br />

übernehmen müsste. An dieser Stelle ist zu betonen, dass<br />

sich diese „Aufwachsbedingungen unter Isolation“ zunehmend verändern<br />

hin zu Integrationsklassen und -projekten, in denen mehr auf<br />

Selbstständigkeit und Selbstbestimmtheit geachtet wird, mit dem<br />

Ziel, ein eigenes Leben sowie eine Beziehung führen zu können.<br />

Die Expertinnen sind der Ansicht, dass körperbehinderte Menschen<br />

häufiger in einer Beziehung leben, wenn die Behinderung erst<br />

im Laufe des Lebens eintrat. So besteht die Möglichkeit, vor Eintritt<br />

der Beeinträchtigung Beziehungserfahrungen zu sammeln und zu<br />

wissen, wie sich Liebe und Sexualität anfühlt. Menschen mit Behinderung<br />

werden vermehrt als potentielle Beziehungspartner wahrgenommen,<br />

wenn sie sich einen guten Status aufgebaut haben. Zum<br />

Beispiel gibt es einige Rollstuhlfahrer und blinde Menschen, vor allem<br />

sind es Männer, die sich einen guten Namen gemacht haben<br />

und Vorlesungen an Universitäten und andere Veranstaltungen abhalten.<br />

Diese Menschen finden nach Ansicht der Expertinnen deshalb<br />

leichter einen Partner, weil sie Selbstbewusstsein ausstrahlen<br />

und offensichtlich mit ihrer Behinderung gut umgehen können.<br />

Die Expertinnen betonten, dass Männer ihre Wünsche nach<br />

einer Beziehung häufiger äußern als Frauen. Zudem haben sie auch<br />

klare Vorstellungen, wie denn ihre Partnerin aussehen soll. Körper-

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