Beziehungsweise(n) - SSOAR
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mit einer Behinderung tendenziell leichter tun eine Partnerin zu finden,<br />
als umgekehrt. Um hier die Stellung einer Frau mit Behinderung<br />
und somit ihre Chance auf eine Partnerschaft zu erhöhen, ist ein<br />
verstärktes Aufweichen der traditionellen Rollen beim Individuum<br />
und in der Gesellschaft nötig. Denn hier ist nicht nur ein Umdenken<br />
des einzelnen gefordert, also die Bereitschaft, über die, traditionelle<br />
Rolle für sich zu durchbrechen, sondern auch die Bereitschaft der<br />
sozialen Umgebung, dies zuzulassen und auch anzuerkennen. Insbesondere<br />
scheinen gerade Beziehungen, wo ein Partner eine Behinderung<br />
hat, diese traditionelle Rollenaufteilung zu begünstigen,<br />
da es nun mal Fakt ist, dass der Betroffene in verschiedensten Dingen<br />
Hilfe benötigt. Doch ist es für eine funktionierende Beziehung<br />
wichtig, dass der Betroffene nicht zu stark in eine Abhängigkeit seinem<br />
Partner gegenüber rutscht bzw. Hilfestellungen nicht mit Abhängigkeit<br />
einhergehen und der Partner weitgehend selbstständig<br />
sein Leben organisieren kann. Durch dieses Bewusstsein wurden in<br />
den letzten Jahren viele Hilfestellungen, die früher von Familienangehörigen<br />
gegeben wurden, wie Körperpflege oder Besorgungen für<br />
die Betroffenen, auf institutionelle Einrichtungen, in Form einer persönlichen<br />
Assistenz, ausgelagert. Diese Assistenz gibt beiden Partnern<br />
eine gewisse Unabhängigkeit voneinander, ermöglicht ihnen<br />
eigenen Interessen frei nachzugehen und entschärft zugleich die<br />
betreuende Rolle.<br />
Grundsätzlich ist zu sehen, dass die Betroffenen in einem<br />
hohen Ausmaß darum bemüht sind, sich und der Welt zu beweisen,<br />
selbstständig sein zu können und niemanden zur Last zu fallen.<br />
Dass diese Bestrebungen in manchen Fällen nicht haltbar sind und<br />
eine Beziehung belasten oder zu Bruch führen kann, zeigte sich im<br />
Fall von Evelyn (blind, geschieden). Dieses Anliegen ist jedoch nicht<br />
verwunderlich, wenn man die Erwartungen von unserer Gesellschaft<br />
auf den einzelnen betrachtet. Der Wert eines Individuums wird in der<br />
Regel an dessen Leistung und der daraus resultierenden „Nützlichkeit“<br />
gemessen. Diesen Anforderungen können viele (mit oder ohne<br />
Behinderung) nicht gerecht werden. Der Druck, den Menschen mit<br />
Behinderung besonders stark spüren, ist auch nicht weiter erstaunlich.<br />
So wäre es wohl im Interesse aller, die Wertigkeit des einzelnen<br />
von der Leistung zu entkoppeln und an anderen, menschlichen Qualitäten<br />
auszurichten.<br />
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