Untersuchung von Cyclodextrinkomplexen - OPUS - Universität ...
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10 Theorie und Stand der Forschung<br />
Das Aufkommen computerchemischer Verfahren belebte die Diskussion, inwieweit die<br />
Annahme dieser ausgeprägten Rigidität der natürlichen Cyclodextrine vor allem in Lösung zu<br />
halten sei [41]. Die Ergebnisse verschiedener Ansätze deuten auf eine nicht zu<br />
unterschätzende Flexibilität hin und legen nahe, dass Kristallstrukturen eher als eine <strong>von</strong><br />
vielen möglichen Konformationen anzusehen seien [42,43,44]. Diese Erkenntnisse werden<br />
auch durch kernspinresonanzspektroskopische <strong>Untersuchung</strong>en, im festen Zustand wie in<br />
Lösung, unterstützt [45,46]. Außerdem spricht die Fähigkeit eines definierten Cyclodextrinmoleküls,<br />
mit ganz unterschiedlichen Gästen Einschlusskomplexe bilden zu können, dafür,<br />
dass die Cyclodextrine sich ihrem Bindungspartner anzupassen vermögen, indem sie eine<br />
neue Konformation einnehmen (s. Kap. 2.3.4) [36].<br />
Die Molekülstruktur der natürlichen Cyclodextrine enthält drei Variablen, die eine<br />
Konformationsänderung zulassen (vgl. Abb. 2.5). Die Ausrichtung der primären Hydroxylgruppen<br />
(a) ist aufgrund der Rotation der C5-C6-Bindung sehr flexibel. Intramolekulare<br />
Wechselwirkungen sind hier selten [33]. Am sekundären Hydroxylgruppenrand dominiert die<br />
Ausbildung <strong>von</strong> Wasserstoffbrückenbindungen zwischen den benachbarten Glucoseeinheiten,<br />
aber auch mit eingeschlossenen Gästen oder mit Wassermolekülen. Dies wird<br />
durch die Rotation der Hydroxylgruppen an C2 und C3 (b) begünstigt [31]. Charakteristisch<br />
für β-Cyclodextrin ist hier ein sogenannter ‚flip-flop’-Mechanismus zwischen allen 14<br />
Sauerstoffatomen (O2 und O3) [47]. Die Stärke dieser intramolekularen Anziehungskräfte<br />
wirkt der Variation der Orientierung der Glucoseringe zueinander durch Rotation um die<br />
glycosidische Bindung (c) entgegen.<br />
Abb. 2.5: Mögliche Rotationen im Cyclodextrinmolekül, nach [33]<br />
Cyclodextrinderivate können durch das Einbringen weiterer flexibler Molekülteile und die<br />
Störung des Systems der intramolekularen Wasserstoffbrückenbindungen viel mehr<br />
Freiheitsgrade aufweisen als natürliche Cyclodextrine [5].