Der wissenschaftliche ?Mittelbau? an deutschen ... - TU Berlin
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efinden sich die Arbeitnehmer idealtypisch in einer<br />
von drei Zonen (vgl. Dörre/Neis 2008.130f.).<br />
Erstens: Zone der Integration: In dieser befinden sich<br />
Personen mit festen, stabilen, sicheren Arbeitsver-<br />
hältnissen.<br />
Zweitens: Zone der Entkopplung: Hier befinden sich<br />
„arbeitsmarktferne“ Personen; also Personen die sich<br />
gar nicht mehr auf dem Arbeitsmarkt bewegen, die-<br />
sem letztlich nicht mehr zur Verfügung stehen.<br />
Drittens: Zone der Instabilität bzw. Zone der „Ver-<br />
wundbarkeit“: In dieser Zone befinden sich Personen<br />
deren Ver<strong>an</strong>kerung im Beschäftigungssystem bzw.<br />
auf dem Arbeitsmarkt „prekär“ d.h. unsicher ist, die<br />
also Gefahr laufen, in die Zone der Entkopplung<br />
abzurutschen.<br />
Von den neun auf dieser Basis entwickelten Typen<br />
diskutieren Dörre/Neis (2008) zwei zur Charakterisie-<br />
rung der Situation des <strong>wissenschaftliche</strong>n Nachwuch-<br />
ses: die „Selbstm<strong>an</strong>ager“ und die „Hoffenden“.<br />
Diese beiden Typen könnte m<strong>an</strong> als Pole eines mög-<br />
lichen Empfindungskontinuums des wissenschaft-<br />
lichen Nachwuchses bezeichnen.<br />
Bei der Berufssituation der Selbstm<strong>an</strong>ager k<strong>an</strong>n nach<br />
Dörre/Neis (ebd.: 132–134) einerseits von einer gesi-<br />
cherten Integration in den Arbeitsmarkt gesprochen<br />
werden, im Sinne der bereits erwähnten vergleichs-<br />
weise sicheren Situation von Hochschulabsolvent/<br />
-innen gegenüber geringer qualifizierten Arbeit-<br />
nehmer/-innen. Andererseits existiert <strong>an</strong>gesichts<br />
einer völlig offenen und ungewissen beruflichen<br />
Zukunft beim <strong>wissenschaftliche</strong>n Nachwuchs ein<br />
Empfinden sozialer Unsicherheit, das zugleich jedoch<br />
überlagert wird vom persönlichen Interesse <strong>an</strong> der<br />
Tätigkeit und vom Freiheitsgewinn, der mit flexiblen<br />
Arbeitsformen verbunden ist. Dörre/Neis charakteri-<br />
sieren die Situation der Selbstm<strong>an</strong>ager wie folgt:<br />
• Kombination von kreativer Arbeit u. marktgetrie-<br />
bener Flexibilisierung<br />
• das Interesse <strong>an</strong> der Tätigkeit und der Freiheits-<br />
gewinn flexibler Arbeitsformen überlagern die<br />
soziale Unsicherheit<br />
• je weniger realistisch es erscheint, den eigenen<br />
Lebensentwurf auf den Arbeitsmarkt und die<br />
Beschäftigungsbedingungen begrenzenden kol-<br />
lektive Regelungen und Sicherheiten zu gründen,<br />
desto wahrscheinlicher wird eine Verinnerlichung<br />
des Marktzw<strong>an</strong>ges<br />
Auf die Dauer spüren jedoch viele dieser Selbst-<br />
m<strong>an</strong>ager die Belastungen, die mit dieser Form von<br />
Berufsexistenz verbunden sind. Dörre/Neis beschrei-<br />
ben ein Szenario, in dem das Privatleben eventuell<br />
unter der Situation leidet und früher oder später die<br />
Sozialbeziehungen belastet, was wiederum auf das<br />
Arbeitsvermögen belastend zurückwirken k<strong>an</strong>n. <strong>Der</strong><br />
innere Antrieb für hohe Arbeitsleistungen k<strong>an</strong>n hie-<br />
r<strong>an</strong> Schaden nehmen, Kreativität verloren gehen und<br />
das Arbeitsvermögen dauerhaft geschädigt werden.<br />
Doch „solche Schwierigkeiten resultieren gerade<br />
nicht mehr aus den Belastungen st<strong>an</strong>dardisierter,<br />
monotoner Teilarbeit“ (ebd.: 133) – um noch einmal<br />
<strong>an</strong> die Fußnote mit dem Hinweis auf die Entfrem-<br />
dungsdebatte <strong>an</strong>zuknüpfen. Denn die Arbeitschritte<br />
der Selbstm<strong>an</strong>ager sind nicht klar vorgegeben, die<br />
Arbeit muss weitgehend eigenständig org<strong>an</strong>isiert<br />
und es muss der eigene Arbeitsrhythmus gefunden<br />
werden. Das k<strong>an</strong>n befreiend wirken, aber auch<br />
Unsicherheiten erzeugen, zumal die Betroffenen indi-<br />
viduell schauen müssen, wie es mit ihrem Berufsweg<br />
weiter gehen k<strong>an</strong>n.<br />
Die Hoffenden (ebd.: 134 f.) hingegen leben in der<br />
„Zone der Verwundbarkeit“, haben aber die „Zone<br />
der Integration“, „der Normalität“ noch vor Augen:<br />
• es droht der Absturz, ein Abrutschen in die „Zone<br />
der Entkopplung“ (wenn keine adäquate An-<br />
schlussbeschäftigung gefunden wird)<br />
• sie haben jedoch noch Hoffnung, dass das prekä-<br />
re Arbeitsverhältnis das Sprungbrett in eine<br />
Normalbeschäftigung ist (Hoffnung auf den so<br />
gen<strong>an</strong>nten „Klebeeffekt“)<br />
• die Betroffenen kritisieren das Fehlen von<br />
Weiterbildungsmöglichkeiten<br />
2.1.5. Die Grundtypologie des Umg<strong>an</strong>gs<br />
<strong>wissenschaftliche</strong>n Nachwuchses mit<br />
Prekarität von Klecha/Reimer<br />
Bevor wir zum Zuschnitt/zur Fragestellung unserer<br />
eigenen qu<strong>an</strong>titativen Studie kommen, werfen wir<br />
einen kurzen Blick auf eine plausible und <strong>an</strong>regende<br />
Typologie, die Klecha/Reimer (2008) im Rahmen einer<br />
Einleitung, Fragestellung und Her<strong>an</strong>gehensweise<br />
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