Der wissenschaftliche ?Mittelbau? an deutschen ... - TU Berlin
Der wissenschaftliche ?Mittelbau? an deutschen ... - TU Berlin
Der wissenschaftliche ?Mittelbau? an deutschen ... - TU Berlin
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
52<br />
B i l d u n g , W i s s e n s c h a f t u n d F o r s c h u n g<br />
des „Arbeitsfeldes Hochschule“ einige Faktoren, die<br />
einem potenziellen Prekaritätsempfinden auch ent-<br />
gegenwirken könnten. In einer vor<strong>an</strong>gehenden<br />
deutschl<strong>an</strong>dweiten Befragung von jungen wissen-<br />
schaftlichen Mitarbeitern/-innen (Schmidt, 2007b, S.<br />
153) zeigten sich vier Motivationstypen, von denen<br />
nur zwei die Vertragsgestaltung/Befristung als stark<br />
demotivierend empf<strong>an</strong>den. Ähnliche Ergebnisse<br />
erbrachte die Interviewstudie von Klecha (2007), in<br />
der die „karriereorientierten Idealisten“ und die<br />
„Überg<strong>an</strong>gswissenschaftler“ ebenfalls kein ent-<br />
sprechendes Prekaritätsempfinden <strong>an</strong>gaben.<br />
Die fin<strong>an</strong>zielle Unsicherheit und die Belastung durch<br />
unklare Weiterbeschäftigung/die Befristung, also<br />
zwei Faktoren objektiver Prekarität, zählen nicht zu<br />
den einzigen Schwierigkeiten, welche die Befragten<br />
als besondere Belastungsfaktoren im Promotions-<br />
prozess <strong>an</strong>sehen (vgl. Tabelle 22 zu Frage D9). Zwar<br />
gibt rund ein Viertel (fin<strong>an</strong>zielle Unsicherheit) bzw.<br />
gut ein Drittel (unklare Weiterbeschäftigung/Be-<br />
fristung) den jeweiligen Faktor als wesentliche<br />
Schwierigkeit mit hoch belastender Wirkung für den<br />
Promotionsprozess <strong>an</strong>. Jedoch gibt es einige weitere<br />
Faktoren, die mit Blick auf die Promotion in gleichem<br />
oder sogar noch höherem Maße als hinderlich wahr-<br />
genommen werden. Hierzu zählen insbesondere die<br />
Arbeitsbelastung durch dissertationsfremde Auf-<br />
gaben in der Lehre sowie – abgestuft – solche in der<br />
Forschung, individuelle Probleme mit Motivation,<br />
Pl<strong>an</strong>ung oder dem konkreten Inhalt sowie Probleme<br />
bei der Betreuung (vgl. Berning & Falk, 2006, S. 135,<br />
bei denen Betreuungsprobleme <strong>an</strong> erster Stelle st<strong>an</strong>-<br />
den, gefolgt von der Belastung mit dissertations-<br />
fremden Aufgaben).<br />
Aus diesen Daten lässt sich ein bisl<strong>an</strong>g nicht befriedi-<br />
gend gelöster Widerstreit zwischen den beruflichen<br />
Anforderungen einer Beschäftigung als wissenschaft-<br />
liche/r Mitarbeiter/-in einerseits und der Bezeichnung<br />
dieser Beschäftigung als „Qualifikationsstelle“ ver-<br />
bunden mit dem Ziel einer Promotion feststellen:<br />
Einerseits dienen, wie es oftmals auch explizit in der<br />
Ausschreibung und der Stellenbeschreibung gen<strong>an</strong>nt<br />
wird, die entsprechenden Haushalts- und auch die<br />
Drittmittelstellen dem Zweck, dass die Stellen-<br />
inhaber/-innen sich qualifizieren und die Tätigkeit mit<br />
einer Promotion abschließen mögen. Doch <strong>an</strong>derer-<br />
seits sind es gerade die Inhalte und Aufgaben, die mit<br />
einer solchen Stellenkonstruktion einhergehen, wel-<br />
che sich für den Promotionsprozess als hinderlich<br />
erweisen. Hier erscheint eine Klärung der Prioritäten<br />
und ein Ausgleich der Interessen notwendig:<br />
Gelegenheit für mehr Fort-/Weiterbildung als nur<br />
100 Stunden pro Jahr (Schmidt, 2007a) und für mehr<br />
Gelegenheit zur Promotion einerseits, Aufgaben in<br />
Forschung, Lehre, Zuarbeit und Mitwirkung in defi-<br />
niertem und verlässlichem Umf<strong>an</strong>g <strong>an</strong>dererseits.<br />
Jeweils mehr als ein Viertel der Befragten gibt min-<br />
destens eines dieser vier Aufgabengebiete als hoch<br />
belastend im individuellen Promotionsprozess <strong>an</strong>.<br />
Niedrigschwellige und wie selbstverständlich verfüg-<br />
bare Unterstützungs<strong>an</strong>gebote der Hochschulen zum<br />
Umg<strong>an</strong>g mit derartigen Schwierigkeiten und zum<br />
Ausgleich der widersprüchlichen Anforderungen feh-<br />
len weitgehend – die Promovierenden bleiben mit<br />
diesen Konfliktfeldern alleine, insbesondere falls eine<br />
zusätzliche Problematik im Verhältnis zu promotions-<br />
betreuenden Lehrenden liegt, was bei knapp 30<br />
Prozent der Befragten zumindest phasenweise der<br />
Fall ist.<br />
Die Arbeits- und Motivationssituation des „<strong>wissenschaftliche</strong>n <strong>Mittelbau</strong>s“<br />
<strong>Der</strong> Anteil derjenigen, die von einer subst<strong>an</strong>ziellen,<br />
sich zum Teil über sechs Monate erstreckenden<br />
Unterbrechungsphase der Dissertation berichten<br />
oder über ernsthafte Erwägungen, das Promotions-<br />
vorhaben g<strong>an</strong>z abzubrechen, liegt bei rund einem<br />
Drittel (vgl. Grafik 3 zu Frage D3). Die Stichprobe ist<br />
– besonders bei denjenigen, die schon seit längerer<br />
Zeit <strong>an</strong> der Hochschule beschäftigt sind – positiv<br />
zugunsten derjenigen verzerrt, die sich trotz etwaiger<br />
Probleme und Schwierigkeiten für eine Fortführung<br />
entschieden haben. Viele derjenigen, die tatsächlich<br />
einen Abbruch vollzogen haben, sind zum Zeitpunkt<br />
der Befragung bereits aus dem Hochschulsystem aus-<br />
geschieden und daher nicht in der Stichprobe enthal-<br />
ten. Bei den rund 15 Prozent, auf die keine der<br />
Aussagen zutrifft, dominiert der Status einer noch<br />
nicht begonnenen Promotion – d.h. diese Befragten<br />
sind noch nicht so l<strong>an</strong>ge als <strong>wissenschaftliche</strong><br />
Mitarbeiter/-innen beschäftigt, als dass sie ein<br />
Promotionsvorhaben bereits hätten unter- oder<br />
abbrechen können. Die hier über alle Befragten hin-<br />
weg ermittelte Abbruchtendenz von rund einem<br />
Drittel ist daher eine vermutlich positiv verzerrte<br />
Einschätzung; der tatsächliche Anteil liegt mit großer