Der wissenschaftliche ?Mittelbau? an deutschen ... - TU Berlin
Der wissenschaftliche ?Mittelbau? an deutschen ... - TU Berlin
Der wissenschaftliche ?Mittelbau? an deutschen ... - TU Berlin
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Wahrscheinlichkeit höher, wobei belastbare Zahlen<br />
(auch über die Anzahl der Promovierenden insge-<br />
samt, vgl. J<strong>an</strong>son, Schomburg & Teichler, 2007) feh-<br />
len. Es k<strong>an</strong>n aufgrund der vorliegenden Daten auch<br />
nicht beurteilt werden, ob derartige Abbruchtenden-<br />
zen zu einer „gesunden“ Promotion dazugehören<br />
oder ob sie per se als alarmierend und als Zeichen der<br />
Prekarität zu verstehen sind. Sie gehören jedoch –<br />
diese Interpretation erlauben die Daten durchaus –<br />
zu einer „typischen“ Promotion <strong>an</strong> <strong>deutschen</strong><br />
Universitäten zu Beginn des 21. Jahrhunderts, wobei<br />
auch zu betonen ist: Unterbrechungen und ernsthaf-<br />
te Abbruchged<strong>an</strong>ken spielen bei rund 50 Prozent der<br />
hier befragten Promovierenden (bisl<strong>an</strong>g) keine Rolle,<br />
es gibt also auch weit verbreitete Konstellationen,<br />
Betreuungs- und Unterstützungssituationen sowie<br />
eine große Anzahl von „unbeirrbaren“ oder „ziel-<br />
strebigen“ Promovierenden, bei denen die Promotion<br />
zumindest bis zum aktuellen St<strong>an</strong>d zum Zeitpunkt<br />
der Befragung ohne größere Schwierigkeiten vor<strong>an</strong>-<br />
schreitet. Von diesen zahlreichen positiven Beispielen<br />
und „günstigen Konstellationen“ könnte auch für<br />
die bisl<strong>an</strong>g weniger erfolgreichen und weniger ermu-<br />
tigenden Fälle gelernt werden.<br />
Die Betreuungssituation bei der Promotion wird – wie<br />
viele der <strong>an</strong>deren hier untersuchten Aspekte auch –<br />
zweischneidig beurteilt. Positiv hervorzuheben sind<br />
die Möglichkeiten zur Teilnahme <strong>an</strong> internationalen<br />
Konferenzen/Tagungen, die Gelegenheiten zum kol-<br />
legialen Austausch sowie die Möglichkeit, bei den<br />
jeweils betreuenden Personen eine zeitnahe Hilfe-<br />
stellung zu erhalten (allerdings auch jeweils ein<br />
Viertel bis ein Fünftel mit kritischer Einschätzung).<br />
Deutliche Defizite ergeben sich bei der Unterstützung<br />
der persönlichen Karrierepl<strong>an</strong>ung und bei der<br />
Vorbereitung auf etwaige berufliche Perspektiven<br />
auch außerhalb der Hochschule – welche für die<br />
meisten die realistische Zukunftsoption sind und<br />
nicht etwa nur der „Pl<strong>an</strong> B“, der in dem unwahr-<br />
scheinlichen Fall zum Einsatz kommen müsste, falls<br />
die „eigentlich“ gepl<strong>an</strong>te Hochschulkarriere schei-<br />
tert.<br />
Dieses Szenario der von Anf<strong>an</strong>g <strong>an</strong> gepl<strong>an</strong>ten<br />
Hochschulkarriere entspricht weder den Interessen<br />
der hier befragten Nachwuchswissenschaftler/-innen,<br />
noch ist es <strong>an</strong>gesichts der Stellensituation realistisch.<br />
Wie beispielsweise auch in der qualitativen Inter-<br />
viewstudie von Klecha (2007, vgl. dort: „Überg<strong>an</strong>gs-<br />
wissenschaftler“ und „Gelegenheitswissenschaftler),<br />
gibt auch in der hier vorliegenden qu<strong>an</strong>titativen ein<br />
großer Teil der Promovierenden <strong>an</strong>, keine Hoch-<br />
schulkarriere <strong>an</strong>zustreben. Dennoch scheinen die<br />
Unterstützungs<strong>an</strong>gebote der Hochschule nach wie<br />
vor von der Vorstellung auszugehen, dass eine indivi-<br />
duelle Karrierepl<strong>an</strong>ung mit dem Abwägen von Für<br />
und Wider einer Hochschulkarriere nicht notwendig<br />
sei. Implizit schwingt hierbei mit: …weil es nur die<br />
Hochschulkarriere mit ihren doch mehr oder weniger<br />
wohlbek<strong>an</strong>nten und bewährten Schritten gebe und<br />
weil alles <strong>an</strong>dere ein „Scheitern“ bedeute, für wel-<br />
ches das Individuum selbst ver<strong>an</strong>twortlich sei und<br />
sich daher selber um entsprechende Alter-<br />
nativpl<strong>an</strong>ung zu bemühen habe. Ebenfalls scheinen<br />
sich die bestehenden Unterstützungs<strong>an</strong>gebote der<br />
Hochschulen <strong>an</strong> der Idee zu orientieren, dass eine<br />
Vorbereitung für außerhochschulische Berufs-<br />
perspektiven und für den Überg<strong>an</strong>g aus der<br />
Hochschule heraus nicht sein müsse (vgl. „karriere-<br />
orientierte Idealisten“ in der Typologie von Klecha,<br />
2007), implizit mitschwingend: …weil dies auch gar<br />
nicht die Aufgabe der Hochschule sei (vgl. Vorbehalte<br />
gegenüber der Zielstellung der „Beschäftigungs-<br />
fähigkeit“ von Bachelor- und Masterabsolvent/-<br />
innen). Jeweils mehr als 50 Prozent der Befragten<br />
sind mit dieser Art und diesem Grad der Unter-<br />
stützung durch die Hochschulen in diesen beiden<br />
Aspekten (Karrierepl<strong>an</strong>ung und Vorbereitung auf<br />
außerhochschulische Berufswege) explizit unzufrie-<br />
den und erhoffen sich mehr Unterstützung von<br />
„ihrer“ Hochschule.<br />
Unter dem Strich (vgl. Tabelle 20 zu Frage E2) steht<br />
für die Mehrheit trotz aller Schwierigkeiten und<br />
Kritikpunkte außer Frage, dass sie sich – wenn sie<br />
nochmals wählen könnten – wieder für eine Tätigkeit<br />
<strong>an</strong> der Hochschule entscheiden würden. Dieser<br />
Befund deckt sich mit früheren Befragungen (z.B.<br />
Enders & Bornm<strong>an</strong>n, 2001). Allerdings stellt rund ein<br />
Drittel diese Entscheidung im Rückblick zumindest<br />
teilweise in Frage – darunter zehn Prozent, die sich<br />
sicher sind, nicht nochmals den Weg zu gehen, wenn<br />
sie denn zum Zeitpunkt der Entscheidung über die<br />
Eindrücke verfügt hätten, die sie jetzt haben. Die<br />
Sorge, nach dem Auslaufen des aktuellen befristeten<br />
Die Arbeits- und Motivationssituation des „<strong>wissenschaftliche</strong>n <strong>Mittelbau</strong>s“ 53