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Jesus versus Jaldabaoth – Gnostische Elemente in ... - Radikalkritik

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12<br />

existierte. 42 Dabei kommt es allerd<strong>in</strong>gs zu e<strong>in</strong>er methodischen<br />

Engführung. Der von Rudolph formulierte Grundsatz gilt nur, wenn wir<br />

voraussetzen müssen, dass wir es bei der Datierung der paul<strong>in</strong>ischen<br />

Schriften mit e<strong>in</strong>er Konstante zu tun haben und die Entstehungszeit der<br />

Briefe unbestritten feststeht. Davon kann aber nicht die Rede se<strong>in</strong>. Um<br />

der methodischen Offenheit willen ist es notwendig festzustellen, dass es<br />

sich dabei ebenfalls nur um e<strong>in</strong>e Variable handelt. Die E<strong>in</strong>sicht, dass <strong>in</strong><br />

den verschiedenen Schriften des NT bereits deutlich gnostischer E<strong>in</strong>fluss<br />

zu erkennen ist, läuft ke<strong>in</strong>eswegs mit Notwendigkeit auf die Annahme<br />

der Existenz e<strong>in</strong>er „vorchristlichen Gnosis“ h<strong>in</strong>aus, vielmehr ist neben<br />

der Möglichkeit, dass die Anfänge der Gnosis im 1. Jahrhundert liegen,<br />

auch mit der Möglichkeit zu rechnen, dass die paul<strong>in</strong>ischen Schriften erst<br />

im 2. Jahrhundert enstanden s<strong>in</strong>d. 43<br />

Mit anderen Worten: Hengel und Schmithals hatten recht und unrecht<br />

zugleich. Der e<strong>in</strong>e gelangte aufgrund e<strong>in</strong>er richtigen Bewertung des<br />

exegetischen Befunds zu e<strong>in</strong>er falschen Datierung der Gnosis, der andere<br />

kam aufgrund se<strong>in</strong>er richtigen Datierung der Gnosis zu e<strong>in</strong>er falschen<br />

Bewertung des exegetischen Befunds.<br />

Dabei ist Lösung dieses Paradoxes denkbar e<strong>in</strong>fach: Wenn a) richtig<br />

ist, dass e<strong>in</strong>e Gnosis erst im 2. Jahrhundert zu belegen ist, wenn b)<br />

ebenfalls richtig ist, dass die Paulusbriefe e<strong>in</strong>deutige gnostische Spuren<br />

aufweisen, müssen diese doch wohl auch aus dem 2. Jahrhundert<br />

stammen!<br />

Vermutlich hätte man diesen Schluss auch schon längst gezogen. Da<br />

sich Historiker und Theologen im Fall des Paulus allerd<strong>in</strong>gs weniger auf<br />

<strong>in</strong>nere Kriterien als auf die äußere Bezeugung (Apostelgeschichte und<br />

Kirchenväter) sowie auf das Selbstzeugnis der Briefe verließen,<br />

vermochten sie nicht zu sehen, was doch am Tage liegt: dass die<br />

Paulusbriefe h<strong>in</strong>sichtlich der <strong>in</strong>neren Kriterien, d.h. ihrer Sprache und<br />

ihrer Theologie, <strong>in</strong> das 2. nachchristliche Jahrhundert gehören. Gerade<br />

die sogenannten gnostischen <strong>Elemente</strong> <strong>in</strong> der Sprache und Theologie des<br />

Paulus bieten e<strong>in</strong> hervorragendes Beispiel dafür. Im Grunde können wir<br />

Hengel und se<strong>in</strong>en Kohorten nur dankbar se<strong>in</strong>. Mit ihrem Feldzug gegen<br />

die „vorchristliche Gnosis“ hat sich der Vorhang gelüftet <strong>–</strong> und der<br />

Kaiser steht nackt da, will sagen, wir sehen „Paulus“, wie er ist: als e<strong>in</strong>en<br />

„Zeitgenossen“ des Valent<strong>in</strong>, Basilides, Marcion und anderer gnostischer<br />

Geister.<br />

Aufgabe der folgenden Abschnitte soll es se<strong>in</strong>, diese These anhand<br />

e<strong>in</strong>zelner Beispiele zu erhärten. Dabei kann es nicht <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie darum<br />

42 Schmithals 1984, S. 15.<br />

43 E<strong>in</strong>e These, für die ich mich auf die Zustimmung me<strong>in</strong>es Lehrers Walter<br />

Schmithals berufen kann.<br />

© Hermann Deter<strong>in</strong>g <strong>–</strong> www.radikalkritik.de 2013

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