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Jesus versus Jaldabaoth – Gnostische Elemente in ... - Radikalkritik

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kle<strong>in</strong>es Ensemble von Protagonisten beschränkt, selbst für die Sophia ist<br />

hier ke<strong>in</strong> Platz. 152<br />

Leider gibt es über das gegenseitige Verhältnis von marcionitischem<br />

und gnostischem Erlösermythos bisher kaum irgendwelche<br />

Untersuchungen. 153 Gerne würde man mehr darüber wissen. Dass es sich<br />

dabei um zwei Seitentriebe e<strong>in</strong>es geme<strong>in</strong>samen Stammes, e<strong>in</strong>es „Ur-<br />

Mythos“ handelt, sche<strong>in</strong>t evident. 154 Ebenso klar ist aber auch, dass es<br />

sich dabei nicht um den Christushymnus des Philipperbriefes gehandelt<br />

haben kann, da die dürftige Anspielung auf die katachthonoi kaum zum<br />

Anlass für e<strong>in</strong>e derartiges Wachstum und Anschwellen des Decensus ad<br />

<strong>in</strong>feros-Motiv werden konnte. Wie schon gesagt, ist daher die Annahme,<br />

dass der Verfasser des Christushymnus auf e<strong>in</strong>en verbreiteten<br />

Erlöserhymnus zurückgreift, den er dann auf se<strong>in</strong>e Weise variierte, am<br />

wahrsche<strong>in</strong>lichsten. In welcher Form ihm dieser vor Augen stand, ist<br />

152 Schenke 1965: „E<strong>in</strong> christlicher Gnostiker ganz anderen Typs ist Marcion. Ihm<br />

liegt nämlich gar nichts an geistreicher religionsphilosophischer Spekulation, er will<br />

vielmehr ganz bewußt Bibeltheologe se<strong>in</strong>. Während e<strong>in</strong>em Basilides und e<strong>in</strong>em Valent<strong>in</strong>us<br />

das Christentum zum Ausbau der Gnosis dient, dient dem Marcion die Gnosis<br />

zu e<strong>in</strong>em neuen Verständnis des Christentums. Marcion übernimmt wohl zahlreiche<br />

Motive aus der schon fertigen gnostischen Vorstellungswelt, aber im wesentlichen stellt<br />

se<strong>in</strong>e Lehre doch e<strong>in</strong>e neue, andersartige, gewissermaßen der Kirche von <strong>in</strong>nen her erwachsende,<br />

Verobjektivierung der gnostischen Dase<strong>in</strong>shaltung und Weltanschauung<br />

dar.“<br />

153 E<strong>in</strong>ige H<strong>in</strong>weise f<strong>in</strong>den sich bei Aland 1973, S. 430f.. Aland Macht <strong>in</strong>sbesondere<br />

auf die Schwurformel „Ich b<strong>in</strong> Gott, und außer mir ist ke<strong>in</strong>er“ aufmerksam. „ …dieser<br />

Schwur entspricht ganz dem Ausspruch des gnostischen Weltschöpfers <strong>Jaldabaoth</strong>, mit<br />

dem dieser <strong>in</strong> zahllosen gnostischen Schriften se<strong>in</strong>e Unwissenheit, Bl<strong>in</strong>dheit und Beschränktheit<br />

offenbart. Der Übernahme dieser Formel durch Marcion — denn um nichts<br />

anderes handelt es sich — zur Charakterisierung se<strong>in</strong>es Schöpfergottes kommt Signalcharakter<br />

zu, für unsere Zeit, aber noch viel mehr für Marcions Zeitgenossen, die mit<br />

gnostischer Literatur vertraut waren. Ihnen wurde daran deutlich, dass hier verwandte<br />

Konzeptionen vorlagen. Und das gilt nicht nur h<strong>in</strong>sichtlich der Aussage über den Weltschöpfer.<br />

So verschieden die gnostischen Systeme des 2. Jahrhunderts im e<strong>in</strong>zelnen se<strong>in</strong><br />

mögen, s<strong>in</strong>d ihnen doch bestimmte Grundzüge geme<strong>in</strong>sam. Dazu gehört vor allem der<br />

Gegensatz des bl<strong>in</strong>den Schöpfergottes und Herrn der Welt zu dem höchsten und eigentlichen<br />

Gott der Gnosis, dem Urvater, dem Gott der vollkommenen Güte und des Erbarmens.“<br />

154 Auch bei Marcion f<strong>in</strong>det sich das aus dem Sophia-Mythos h<strong>in</strong>länglich bekannte<br />

Motiv der Überheblichkeit des/der Weltherrscher(s), der ke<strong>in</strong>en Gott über sich kennt:<br />

Eznik von Kolb 1:19: „Und als, so sagt er [Marcion], der Gott des Gesetzes, welcher der<br />

Herr der Welt war, sah, dass Adam edel sei und würdig für den Dienst, überlegte er, wie<br />

er ihn der Materie rauben und auf se<strong>in</strong>e Seite alle<strong>in</strong> als Bundesgenossen h<strong>in</strong>überziehen<br />

könnte. Er nahm denselben auf die Seite und sagte: ‚Adam, ich b<strong>in</strong> Gott und es gibt<br />

sonst ke<strong>in</strong>en. Und außer mir sollst du e<strong>in</strong>en anderen Gott nicht haben. Wenn du e<strong>in</strong>en<br />

anderen Gott außer mir haben würdest, so wisse, dass du des Todes sterben wirst.’“<br />

© Hermann Deter<strong>in</strong>g <strong>–</strong> www.radikalkritik.de 2013

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