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Jesus versus Jaldabaoth – Gnostische Elemente in ... - Radikalkritik

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religionsgeschichtlichen H<strong>in</strong>tergrund, an den der Hymnus anknüpft,<br />

gehen, der ganz unabhängig von traditionskritischen Problemen bestimmt<br />

werden kann. Für die von e<strong>in</strong>igen wenigen Exegeten erwogene Annahme<br />

e<strong>in</strong>er „nachpaul<strong>in</strong>ischen Abfassung“, d.h. für die Annahme e<strong>in</strong>er späteren<br />

Interpolation, gibt es, wie sich zeigen wird, ke<strong>in</strong>e überzeugenden Gründe.<br />

Im H<strong>in</strong>blick auf die Interpretation des entscheidenden Verses 6<br />

bewegte und bewegt sich die Exegese im Großen und Ganzen <strong>in</strong>nerhalb<br />

von zwei Alternativen. Entweder man deutet den Ausdruck „harpagmon<br />

hēgēsato“ als e<strong>in</strong> Idiom, oder man nimmt den Ausdruck wörtlich und<br />

liest aus ihm heraus, dass Christus das Gott-gleich-Se<strong>in</strong> nicht als zu<br />

erraffenden (res rapienda) oder festzuhaltenden (res rapta) „Raub“<br />

ansah.<br />

Die erstgenannte Übersetzung ist schon bei den griechischen<br />

Kirchenvätern belegt. Danach soll das harpagmon hēgeisthai mit „als<br />

Beute betrachten“ oder „für e<strong>in</strong>en guten Fund, für e<strong>in</strong>e günstige<br />

Gelegenheit halten“ übersetzt werden müssen 47 Im vergangenen<br />

Jahrhundert hat der Altphilologe Werner Jäger diese Erklärung der Stelle<br />

<strong>–</strong> auch im Anschluß an Wettste<strong>in</strong> <strong>–</strong> wieder aufgegriffen und argumentativ<br />

unterfüttert. E<strong>in</strong>e Stelle aus dem Werk des Plutarch hat für Jäger<br />

heuristische Bedeutung. Plutarch sagt von Alexander dem Großen im<br />

Zusammenhang mit dessen Asienfeldzug, er habe „nicht wie e<strong>in</strong> Räuber<br />

Asien überrannt, war nicht gesonnen, es wie e<strong>in</strong>en Raub oder die Gabe<br />

e<strong>in</strong>es unerwarteten Glückszufalls niederzuhalten und auszuplündern, . . .<br />

sondern weil er zeigen wollte, dass alles Irdische e<strong>in</strong>em Logos<br />

unterworfen sei und alle Menschen die e<strong>in</strong>e Nation e<strong>in</strong>es Staates seien,<br />

nahm er solcherlei Gestalt (d. h. die e<strong>in</strong>es Asiaten) an. Wenn nun der<br />

Gott, der die Seele Alexanders hierher herabgesandt, sie nicht so schnell<br />

wieder heimgerufen hätte, dann hätte e<strong>in</strong> Gesetz alle Menschen<br />

erleuchtet ...“ 48 Jäger paraphrasiert die Stelle im Philipperbrief dann<br />

folgendermaßen: „Nicht ‚umsonst (wörtlich: als Mitgift) und vom<br />

Glücke’ hat Christus das ihm angeborene Gottwesen und se<strong>in</strong>e<br />

Herrlichkeit h<strong>in</strong>genommen, <strong>–</strong> sondern er hat sich des Ererbten, entäußert<br />

und <strong>in</strong> schlaflos durchwachten Nächten und blutigen Tagen des Leidens<br />

sich diese Dase<strong>in</strong>sform erworben“ <strong>–</strong> um gleich danach enthusiastisch<br />

festzustellen: „die Worte Plutarchs könnten auf Christus geschrieben<br />

se<strong>in</strong>.“ 49 Zum Glück behauptet Jäger nicht, dass die Formulierungen vom<br />

Verfasser des Christushymnus bei Plutarch abgeschrieben seien.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs ist er davon überzeugt, dass das harpagmon hēgeisthai nicht<br />

auf e<strong>in</strong> himmlisches Geisterdrama weist, sondern das notwendige tertium<br />

47 Vgl. Lightfoot 1869, S. 131ff.; Loofs 1999, S. 1ff.<br />

48 Alex. fort. virt. 1, 8 (330 D): Übersetzung bei Gnilka 1976, 1968, S. 138<br />

49 Jaeger 1915, S. 552.<br />

© Hermann Deter<strong>in</strong>g <strong>–</strong> www.radikalkritik.de 2013

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