Jesus versus Jaldabaoth – Gnostische Elemente in ... - Radikalkritik
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verstehen.“ Für se<strong>in</strong>e Deutung führt Hofius auch noch das<br />
Philippusevangelium und die Thomasakten an.<br />
Wenn es sich bei dem von Gott verliehenen Namen um den Titel<br />
Kyrios handeln soll, ist es allerd<strong>in</strong>gs erforderlich, die Wendung en tō<br />
onomati Iēsou im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es genitivus possessoris zu verstehen, also<br />
nicht „<strong>in</strong> dem Namen <strong>Jesus</strong>“ (exepegtischer Genitiv), sondern „<strong>in</strong> dem<br />
Namen von <strong>Jesus</strong>“. 138 „Der Name von <strong>Jesus</strong>“ soll dann kyrios se<strong>in</strong> <strong>–</strong><br />
theoretisch könnte es sich aber auch um e<strong>in</strong>en anderen handeln.<br />
Die Probleme e<strong>in</strong>er solchen Deutung s<strong>in</strong>d offenkundig. Vor dem<br />
H<strong>in</strong>tergrund des üblichen neutestamentlichen Gebrauchs dieser Wendung<br />
wäre der genitivus possessoris an dieser Stelle s<strong>in</strong>gulär. Niemand würde<br />
je behaupten, dass z.B. Mk 9:41, Apg 2:38, 3:6, 4:10, 4:18, 5:40, 9:27,<br />
10:48, 16:18, 1 Petr 4:14 der geme<strong>in</strong>te „Name“ <strong>in</strong> Wahrheit kyrios sei.<br />
Bei dieser Deutung wird zudem ganz außer Acht gelassen, dass wir es bei<br />
kyrios nicht mit e<strong>in</strong>em Namen sondern mit e<strong>in</strong>em Titel zu tun haben. Es<br />
ist zwar richtig, dass im Alten Testament immer wieder von dem<br />
„Namen des Herrn“ gesprochen wird. Dies ist aber natürlich nur der Fall,<br />
weil kyrios als Ersatz für das heilige Tetragramm fungiert, das nicht<br />
ausgesprochen werden durfte, so dass mit dem „Namen des Herrn“<br />
immer (der „Name des Herrn“) Jahwe geme<strong>in</strong>t und mitgedacht ist. Die<br />
Wendung darf nicht zu der Annahme verleiten, kyrios selbst habe als<br />
Name gegolten.<br />
Alles <strong>in</strong> allem sche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong>e Deutung des Genitivs als genitivus<br />
possessoris ganz unmöglich: Handelt es sich bei kyrios um e<strong>in</strong>en Titel,<br />
und das sche<strong>in</strong>t kaum bestritten werden zu können, so kann man wohl<br />
sagen, dass der kyrios den Namen <strong>Jesus</strong> hat, aber nicht, dass <strong>Jesus</strong> den<br />
Namen kyrios hat.<br />
E<strong>in</strong>e wesentlich naheliegendere Deutung wäre es also, den Genitiv als<br />
e<strong>in</strong>en epexegetischen aufzufassen und <strong>in</strong> „<strong>Jesus</strong>“ eben den Namen zu<br />
sehen, den Gott bei der Erhöhung verlieh. Dass die Mehrheit der<br />
Ausleger davor zurückschreckt, hat e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>fachen Grund: <strong>Jesus</strong> hat,<br />
den Evangelien zufolge, se<strong>in</strong>en Namen nicht erst bei der Erhöhung,<br />
sondern schon mit E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> se<strong>in</strong> Erdenleben erhalten. Lightfoot sagt<br />
„the personal name <strong>Jesus</strong> cannot there be meant; for the bestowal of the<br />
name is represented as follow<strong>in</strong>g upon the humiliation and death of the<br />
Son of Man.” 139 Wenn der Name <strong>Jesus</strong> geme<strong>in</strong>t wäre, so Lightfoot, hätte<br />
es heißen müssen: „’He bestowed on Him the name etc.’, but ‘He exalted<br />
the name borne by Him.’”<br />
138 Vgl. Lightfoot 1869, S. 112.<br />
139 Lightfoot 1869, S. 112.<br />
© Hermann Deter<strong>in</strong>g <strong>–</strong> www.radikalkritik.de 2013