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Jesus versus Jaldabaoth – Gnostische Elemente in ... - Radikalkritik

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besonderes Gewicht erhält (Bengel: Articulus vim habet). 184 Wie lässt es<br />

sich erklären, dass „Paulus“ von der Fehlgeburt spricht? Auf welche<br />

„Fehlgeburt“ im Besonderen bezieht er sich?<br />

Angesichts der mannigfachen Schwierigkeiten fallen die Erklärungen<br />

der Exegeten erwartungsgemäß ebenso phantasievoll wie manieriert bzw.<br />

künstlich aus. Für Björck soll sich Paulus damit als „Scheusal“ oder<br />

„Mißgeschöpf“ bezeichnet haben. 185 Die Erklärung wurde von Boman<br />

aufgegriffen und als Anspielung auf die gebrechliche Physis des Apostels<br />

(2 Kor 10:10) bzw. als Spottname im S<strong>in</strong>ne von „Zwerg“ gedeutet. Der<br />

Begriff sei <strong>in</strong> jedem Fall „Ausdruck des höchsten menschlichen<br />

Elends.“ 186 Da man sich den bestimmten Artikel seit Weiß <strong>in</strong> der Regel<br />

damit erklärt, dass Paulus an dieser Stelle e<strong>in</strong> Schimpfwort zitiert habe,<br />

soll der Ausdruck nach Boman nicht von Paulus selbst stammen, sondern<br />

von se<strong>in</strong>en Gegnern <strong>in</strong> Kor<strong>in</strong>th. 187 Auch für Güttgemann handelt es sich<br />

um e<strong>in</strong> Schimpfwort, das Paulus aufgreift und das dazu dienen soll, ihn<br />

als „Außenseiter“ zu deklassieren. Die gnostischen Gegner <strong>in</strong> Kor<strong>in</strong>th<br />

hätten „mit dem Schimpfwort ektrōma Paulus den Apostolat mit dem<br />

Argument bestritten, er vertrete <strong>in</strong> der Auferstehungslehre mit der<br />

Verkündigung der christologischen Distanz e<strong>in</strong>e Außenseiterstellung.<br />

Der wahre Apostel verkündige nämlich die Identität zwischen Christus<br />

und den Christen und kenne darum ke<strong>in</strong>e christologisch-zeitliche<br />

Distanz.“ 188 Paulus wolle demgegenüber zeigen, dass er mit se<strong>in</strong>er Lehre<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Reihe mit den anderen stehe und ergänze daher <strong>in</strong> V. 8: „ich b<strong>in</strong><br />

dazu noch als letzter und erst nachträglich <strong>in</strong> die Reihe der Verkündiger<br />

h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gekommen.“ 189 Paulus hätte den Kor<strong>in</strong>thern somit s<strong>in</strong>ngemäß<br />

entgegengehalten: „E<strong>in</strong>e Frühgeburt b<strong>in</strong> ich nur im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er<br />

Spätgeburt“ (da nachträglich h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gekommen). Das ist, abgesehen von<br />

der sprachlich fragwürdigen Gleichung „Fehlgeburt“ = „Außenseiter“,<br />

nicht sehr überzeugend. 190<br />

Nach Fridrichsen hätten die Gegner des Paulus ihn e<strong>in</strong> ektrōma der<br />

anagennēsis, d.h. e<strong>in</strong>en „Fehlgeburt der Wiedergeburt“ genannt 191 <strong>–</strong> auch<br />

184 Bengel 1759, S. 754.<br />

185 Björck 1939, S. 3ff.<br />

186 Boman 1964, S. 48ff.; vgl. Fuchs 1965, S. 63.<br />

187 Weiss 1977, S. 315f.; ebenso Schneider 1933-1979, S. 464: L<strong>in</strong>demann 2000, S.<br />

334, sieht ke<strong>in</strong>e Indizien dafür, dass e<strong>in</strong> gegen Paulus gerichtete Schimpfwort im H<strong>in</strong>tergrund<br />

stehen könnte.<br />

188 Güttgemanns 1966, S. 89.<br />

189 Güttgemanns 1966, S. 91.<br />

190 von der Osten-Sacken 1973, S. 250, Anm. 23.<br />

191 L<strong>in</strong>demann 2000, S. 334.<br />

© Hermann Deter<strong>in</strong>g <strong>–</strong> www.radikalkritik.de 2013

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