Jesus versus Jaldabaoth – Gnostische Elemente in ... - Radikalkritik
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Schmithals suchte e<strong>in</strong>e Zeitlang <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em „System vorchristlicher<br />
Christusgnosis“ se<strong>in</strong> Glück. 15 Dabei sollte es sich um e<strong>in</strong>e auf Simon<br />
Magus (vgl. Apg 8:9ff.) zurückgehende judenchristliche Gnosis<br />
gehandelt haben. Die Umrisse dieses gnostischen Systems wurden von<br />
ihm aus der von Hippolyt <strong>in</strong> der Refutatio (VI 9,3-18,7) zitierten<br />
simonianischen Schrift Apophasis Megale entwickelt. Doch ist es<br />
ke<strong>in</strong>eswegs sicher, ob diese Schrift tatsächlich aus der Feder des Simon<br />
stammt. Falls Simon ihr Verfasser wäre, was mit guten Gründen von den<br />
meisten Wissenschaftlern bezweifelt wird, wäre die Frage zu stellen, wie<br />
und auf welchem Wege dieses auf Simon zurückgehende System<br />
vorchristlicher Christusgnosis sich <strong>in</strong> kurzer Zeit ausbreiten und die<br />
christlichen Geme<strong>in</strong>den bee<strong>in</strong>flussen konnte. Schmithals nimmt an, dass<br />
das hellenistische Christentum bzw. se<strong>in</strong> verme<strong>in</strong>tlicher Exponent<br />
Stephanus zum Vermittler dieses Typus des Christentums an Paulus<br />
geworden ist und dass dieser zu dem Christentum bekehrt wurde, das er<br />
verfolgte. 16 Aber auch dann bleiben, wie Hengel gezeigt hat, zu viele<br />
ungeklärte Fragen: das Schweigen jüdischer und hellenistischer Quellen,<br />
die Unmöglichkeit e<strong>in</strong>er gnostisch-jüdischen Mission usw. 17 Ob das „von<br />
der Parteien Gunst und Hass“ verwirrt schwankende Charakterbild des<br />
Simon ausreicht, um mit se<strong>in</strong>er Hilfe bereits zu Beg<strong>in</strong>n des 1.<br />
Jahrhunderts <strong>in</strong> die „Tiefen der Gnosis“ e<strong>in</strong>zutauchen, muss daher ganz<br />
fraglich bleiben. Jedenfalls hat das von Schmithals beschriebene „System<br />
e<strong>in</strong>er vorchristlichen Gnosis“ 18 <strong>in</strong>nerhalb der Fachwelt zu Recht ke<strong>in</strong>e<br />
Resonanz gefunden.<br />
Auch der Fund e<strong>in</strong>er gnostischen Bibliothek <strong>in</strong> Nag Hammadi vermochte<br />
der Annahme e<strong>in</strong>er vorchristlichen Gnosis ke<strong>in</strong>en neuen Auftrieb zu geben.<br />
Die dort entdeckten Schriften konnten e<strong>in</strong>zig die These derer belegen,<br />
die e<strong>in</strong>en jüdischen <strong>–</strong> und somit vom Christentum unabhängigen <strong>–</strong><br />
Ursprung der Gnosis angenommen hatten, nicht aber deren frühe Datierung.<br />
19 Es blieb dabei: „… ke<strong>in</strong> uns bekanntes gnostisches Dokument<br />
kann <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er gegenwärtigen Form vor den Zeitraum des Neuen Testaments<br />
datiert werden ... Wir können auch ke<strong>in</strong> System <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er entwickelten<br />
Form vor dem zweiten christlichen Jahrhundert f<strong>in</strong>den.“ 20<br />
15 Schmithals 1969, S. 32.<br />
16 Schmithals 1984, S. 156.<br />
17 Hengel 1991, S. 477ff.<br />
18 Schmithals 1969, S. 32.<br />
19 Als nichtchristlich-gnostische Texten gelten nach K. W. Tröger z. B. „Eugnostos“,<br />
„Die Apokalypse des Adam“, „Bronte <strong>–</strong> Vollkommener Verstand“, „Die drei Stelen des<br />
Seth“, „Zostrianus“, „Die Ode über Norea“, „Marsanes“ und „Allogenes“; Tröger 1980,<br />
S. 21; vgl. Lahe 2006, S. 226.<br />
20 Wilson, S. 536; vgl. Brandenburger 1968,Sell<strong>in</strong> 1982, S. 71;Baird 1979, S. 41<br />
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© Hermann Deter<strong>in</strong>g <strong>–</strong> www.radikalkritik.de 2013