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Jesus versus Jaldabaoth – Gnostische Elemente in ... - Radikalkritik

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22<br />

Alles <strong>in</strong> allem hat Vollenweiders Untersuchung von Phil 2:6 aber<br />

durchaus ihre Verdienste, <strong>in</strong>sofern sie die alte Idiomthese h<strong>in</strong>ter sich lässt<br />

und wieder nach der Herkunft des hier offenbar zugrundeliegenden<br />

Gegenbildes fragt, ohne dabei den alten „Kronfavoriten“ Adam und die<br />

Paradiesgeschichte zu bemühen. Allerd<strong>in</strong>gs kann die von Vollenweider<br />

vorgeschlagene Deutung, im göttlichen Caesar das Gegenbild zum<br />

göttlichen Christus zu sehen, ke<strong>in</strong>eswegs überzeugen, da beider<br />

„Gottgleichse<strong>in</strong>“, wie wir oben anmerkten, auf e<strong>in</strong>er ganz<br />

unterschiedlichen Ebene liegt, und es höchst unwahrsche<strong>in</strong>lich ist<br />

anzunehmen, der Verfasser habe Äpfel mit Birnen, d.h. das<br />

Gottgleichse<strong>in</strong> des präexistenten Christus mit dem des „gottgleichen“<br />

Kaisers vergleichen wollen.<br />

Das Problem bleibt also bestehen bzw. verschärft sich sogar noch.<br />

Denn wenn Vollenweider recht hat und aus sprachlichen und <strong>in</strong>haltlichen<br />

Gründen alles dafür spricht, dass der Verfasser Phil 2:6 ke<strong>in</strong>e Redensart<br />

verwendet, sondern e<strong>in</strong> negatives Gegenbild im Blick hat, dessen<br />

Hauptperson nicht Adam, aber auch nicht der römische Kaiser ist, wie<br />

Vollenweider glaubt, um wen handelt es sich dann?<br />

Bei e<strong>in</strong>em echten Gegenbild müsste es sich um e<strong>in</strong> wirkliches<br />

göttliches Wesen handeln, dem wirkliche Gottgleichheit eignete, das aber<br />

im Gegensatz zum präexistenten Christus diese Gottgleichheit e<strong>in</strong>em<br />

Raub verdankt, und zwar e<strong>in</strong>em wirklichen Raub. Schließlich müsste<br />

dieses Wesen sich bei den Christen, an die das Schreiben adressiert ist,<br />

auch e<strong>in</strong>er gewissen Bekanntheit erfreuen <strong>–</strong> denn Anspielungen, die<br />

niemand versteht, weil das, worauf angespielt wird, niemand kennt,<br />

ergeben ke<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n.<br />

Im nächsten Abschnitt werden wir sehen, dass e<strong>in</strong> solches Gegenbild <strong>in</strong><br />

der Tat existiert. Das e<strong>in</strong>zige Problem: Es ist erst später belegt, will sagen<br />

gut e<strong>in</strong> knappes Jahrhundert nach der verme<strong>in</strong>tlichen Abfassung des<br />

verme<strong>in</strong>tlichen Briefes an die Philipper.<br />

Sophia <strong>versus</strong> Christus - F.C. Baur<br />

An der Geschichte der Auslegung des Christushymnus lässt sich lernen,<br />

dass e<strong>in</strong>e geniale exegetische E<strong>in</strong>sicht auch dann ihren Wert behält, wenn<br />

die Zeit längst darüber h<strong>in</strong>weggegangen zu se<strong>in</strong> sche<strong>in</strong>t. Vor ungefähr<br />

150 Jahren g<strong>in</strong>g ke<strong>in</strong> Ger<strong>in</strong>gerer als Ferd<strong>in</strong>and Christian Baur mit<br />

sicherem Blick für theologie- und geistesgeschichtlichen<br />

Zusammenhänge bei der Exegese von Phil 2:6 e<strong>in</strong>en ersten Schritt <strong>in</strong> die<br />

richtige Richtung. 71 Gleichwohl geriet se<strong>in</strong>e Hypothese schnell wieder <strong>in</strong><br />

71 Baur 1866, S. 50ff.<br />

© Hermann Deter<strong>in</strong>g <strong>–</strong> www.radikalkritik.de 2013

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