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Jesus versus Jaldabaoth – Gnostische Elemente in ... - Radikalkritik

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<strong>in</strong>dem sie wie dieser etwas aus sich alle<strong>in</strong> hervorzubr<strong>in</strong>gen<br />

versucht; entsprechend wird ihr Produkt, zunächst der Demiurg,<br />

der se<strong>in</strong>erseits wieder Gott gleich se<strong>in</strong> will, und dann auch die<br />

Welt, nur e<strong>in</strong>e Fehlgeburt. Man hätte unsere Wendung auf diesem<br />

H<strong>in</strong>tergrund zu paraphrasieren: Der Gottessohn begeht nicht den<br />

Fehler se<strong>in</strong>er Schwester, sondern steigt, den Reichtum se<strong>in</strong>er<br />

göttlichen Fülle um der zu Rettenden willen im Himmel<br />

zurücklassend (ekenōsen; vgl. 2. Kor 8,9), <strong>in</strong> die Welt h<strong>in</strong>ab, um<br />

den Fehler wiedergutzumachen.“ 78<br />

Anders als Baur stellt Schenke die Echtheit des Philipperbriefes nicht <strong>in</strong><br />

Frage. Nach se<strong>in</strong>er Ansicht stammt der von Paulus zitierte Hymnus aus<br />

dem Kreis e<strong>in</strong>er vorchristlichen Gnosis, aus dem ihn der Apostel mehr<br />

oder weniger unbearbeitet übernommen haben soll. Die von Schenke<br />

aufgenommene Baursche These hat sich gleichwohl nicht durchsetzen<br />

können, was sicherlich auch damit zu tun hat, dass der von Schenke<br />

favorisierte Gedanke e<strong>in</strong>er vorchristlichen Gnosis <strong>in</strong>zwischen weith<strong>in</strong><br />

aufgegeben wurde. Möglicherweise konnte sie aber auch deswegen nicht<br />

überzeugen, weil es für den Gedanken e<strong>in</strong>er „räuberischen<br />

Vermessenheit“ der Sophia ke<strong>in</strong>en Anhaltspunkt <strong>in</strong> den Texten gibt.<br />

Dennoch hätte Baurs, Bauers und Schenkes These trotz ihrer<br />

offensichtlichen Mängel wenigstens die ungefähre Richtung vorgeben<br />

können. Weitere Nachforschung im Umfeld des gnostischen Sophia-<br />

Mythos zeigt nämlich, dass es noch e<strong>in</strong>e andere Gestalt gibt, die <strong>in</strong> der<br />

Tat exakt all die Forderungen erfüllt, die an e<strong>in</strong> Gegenbild, das den<br />

religionsgeschichtlichen H<strong>in</strong>tergrund des Christushymnus befriedigend<br />

erklärt, zu stellen s<strong>in</strong>d.<br />

<strong>Jaldabaoth</strong> <strong>versus</strong> Christus<br />

Die Gestalt, von der hier die Rede ist, ist ke<strong>in</strong>e anderer als die des gnostischen<br />

Demiurgen, der <strong>in</strong> der gnostischen Mythologie mit verschiedenen<br />

Namen und Bezeichnungen bedacht wird. In den Referaten der Kirchenväter<br />

und <strong>in</strong> den gnostischen Orig<strong>in</strong>altexten von Nag Hammadi treffen<br />

wir ihn unmittelbar im Umfeld der Sophia, se<strong>in</strong>er Mutter, an; der missratene<br />

Sohn wird dort zumeist als <strong>Jaldabaoth</strong> (Jaltabaoth) bezeichnet. Se<strong>in</strong>e<br />

Bedeutung ist nicht e<strong>in</strong>deutig geklärt. Rudolph vermutete aramäische<br />

oder semitische Herkunft und dachte an „Erzeuger des Sabaoth“ (= Abaoth),<br />

d.h. der (himmlischen) Mächte, für ihn „e<strong>in</strong>e esoterische Umschrei-<br />

78 Schenke 1973, S. 219.<br />

© Hermann Deter<strong>in</strong>g <strong>–</strong> www.radikalkritik.de 2013

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