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Jesus versus Jaldabaoth – Gnostische Elemente in ... - Radikalkritik

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31<br />

Nach Brankaer lässt sich das Raubmotiv auch an e<strong>in</strong>er Stelle des erst<br />

jüngst entdeckten und veröffentlichen Codex Tchacos (CT) feststellen; <strong>in</strong><br />

EpPt heißt es:<br />

CT 3,24-27: „Es blieb aber [e<strong>in</strong>] Glied von ihr (sc. Sophia/Ep<strong>in</strong>oia)<br />

übrig. Der Hochmütige (sc. <strong>Jaldabaoth</strong>) ergriff es. Und (so) entstand<br />

e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>derwertigkeit.“<br />

CT 4,1-4 ist von e<strong>in</strong>em „Körperteil“ (der Sophia) die Rede, das von<br />

„Hochmütigen“ (<strong>Jaldabaoth</strong>/Saklas) ergriffen und ausgesät wurde, um so<br />

se<strong>in</strong>e „Kräfte und Mächte“ zu errichten. Brankaer: „Es ist e<strong>in</strong> nicht unbekanntes<br />

Motiv <strong>in</strong> ‚gnostischen’ Texten, dass der Demiurg etwas von der<br />

oberen Welt zu ergreifen versucht oder tatsächlich ergreift. Auf Grund<br />

der Tatsache, dass es sich nur um e<strong>in</strong>en Teil handelt, kann bereits die<br />

Mangelhaftigkeit begründet se<strong>in</strong>. Dazu kommt, dass die Trennung vom<br />

Pleroma zwangsläufig zur Mangelhaftigkeit führt.“ Brankaer merkt noch<br />

an, dass hier „die Mutter im Prozess der Entstehung des Mangels eher<br />

passiv und der Demiurg aktiv ist“. 94 In anderen gnostischen Texten spielt<br />

die Sophia auch e<strong>in</strong>e aktive Rolle. So z.B. wird das Licht <strong>in</strong> der Schrift<br />

„Wesen der Archonten“ nicht vom Demiurgen geraubt, sondern von der<br />

Sophia selbst <strong>in</strong> die Materie gebracht. 95 Alles <strong>in</strong> allem aber kann man sagen,<br />

dass der Gedanke e<strong>in</strong>es Raubes, sei es des (göttlichen) Lichtes oder<br />

der göttlichen Kräfte, <strong>in</strong> der gnostischen Literatur auf das Engste mit der<br />

Gestalt des Demiurgen <strong>Jaldabaoth</strong> bzw. Saklas verbunden ist, so sehr,<br />

dass dieser geradezu zum Inbegriff des „Räubers“ (siehe den oben zitierten<br />

Text aus der dreigestaltigen Protennoia) werden konnte.<br />

Nach Dibelius 96 soll die Philipperbriefstelle 2:6b mit der Vorstellung<br />

des Raubens der Geister <strong>in</strong> der Region des Firmaments zu verb<strong>in</strong>den<br />

se<strong>in</strong>; vgl. Asc Jes 10:31: „Und er (Christus) gab ke<strong>in</strong> Losungswort, denn<br />

e<strong>in</strong>er beraubte und vergewaltigte den andern.“ Die Auffassung von Dibelius<br />

kommt der hier vertretenen These sehr nahe. Allerd<strong>in</strong>gs ist <strong>in</strong> der von<br />

ihm zitierten Stelle nicht speziell vom Raub der „Gottgleichheit“ die Rede,<br />

sondern von Raub und Vergewaltigung der Archonten im Allgeme<strong>in</strong>en.<br />

Es ist aber sehr wahrsche<strong>in</strong>lich, dass der entsprechende Abschnitt <strong>in</strong><br />

der Ascensio Jesajae durch entsprechende gnostische Mythen <strong>in</strong>spiriert<br />

wurde (s. den nächsten Abschnitt).<br />

Durch den Fund der Nag Hammadi Texte ist noch e<strong>in</strong>mal deutlich<br />

geworden, wie verbreitet das Motiv der Archonten als Räuber <strong>in</strong> der<br />

gnostischen Literatur war: Der Fleischesleib, die „Höhle“, mit der Adam<br />

bekleidet wird, gilt als e<strong>in</strong> Werk der „Räuber“ (lēstēs), d.h. der Archon-<br />

94 Brankaer, Bethge 2007, S. 58.<br />

95 HA (NHC II/ 4) p. 94,30f.<br />

96 In der ersten Auflage se<strong>in</strong>es Kommentars, Dibelius et al. 1937, S. 79 sowie <strong>in</strong> Dibelius<br />

1909, S. 103<strong>–</strong>109; vgl.. Strecker 1964, S. 74.<br />

© Hermann Deter<strong>in</strong>g <strong>–</strong> www.radikalkritik.de 2013

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