Jesus versus Jaldabaoth – Gnostische Elemente in ... - Radikalkritik
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Theologen, die weder von Gnosis noch von Proto-Gnosis oder Prae-<br />
Gnosis etc. im 1. Jahrhunderts etwas wissen wollten, hielten sich an<br />
Hengel und das von ihm seit je favorisierte kirchengeschichtliche<br />
Ursprungsmodell. 26 Danach sollte Gnosis als e<strong>in</strong> <strong>in</strong>nerchristliches<br />
Phänomen zu betrachten se<strong>in</strong>. Letztlich handelte es sich um e<strong>in</strong> schon auf<br />
Harnack, genaugenommen bereits auf die Kirchenväter zurückgehendes<br />
Erklärungsmodell. Ebenso wie die Kirchenväter die Gnosis als e<strong>in</strong> durch<br />
die antike Philosophie „verunre<strong>in</strong>igtes“ Christentum betrachteten, ebenso<br />
wie Harnack <strong>in</strong> der Gnosis e<strong>in</strong>e „acute Verweltlichung, resp.<br />
Hellenisierung des Christentums“ 27 erkennen zu können glaubte, sieht<br />
auch Hengel <strong>in</strong> der Gnosis nur die verzerrte Kopie des christlichen<br />
Orig<strong>in</strong>als. Außerchristliche E<strong>in</strong>flüsse zur Erklärung des Phänomens,<br />
sofern sie nicht jüdischen oder alttestamentlichen Ursprungs s<strong>in</strong>d,<br />
scheiden für ihn aus.<br />
Dass dieses auf Harnack und Kirchenväter zurückgehende, längst<br />
totgeglaubte kirchengeschichtliche Erklärungsmodell neuerd<strong>in</strong>gs wieder<br />
Konjunktur hat, ist verwunderlich. „Forschungsgeschichtlich gesehen<br />
steht die Frage nach der frühchristlichen Gnosis gegenwärtig nicht mehr<br />
im Zentrum des Interesses des ‚Neutestamentlers’. In dieser H<strong>in</strong>sicht gibt<br />
es vielmehr eher e<strong>in</strong>e ‚rückläufige’ Tendenz, und zwar im S<strong>in</strong>ne der<br />
Rückkehr zu e<strong>in</strong>er primär ‚kirchengeschichtlichen’ bzw.<br />
‚häresiologischen’ Betrachtung der sogenannten Gnosis <strong>–</strong> eben als<br />
‚frühchristliche’ Gnosis, als Phänomen also nicht mehr primär der<br />
spätantiken Religionsgeschichte, sondern der frühen Kirchen- bzw.<br />
‚Ketzergeschichte’.“ 28<br />
Auch das Gnosis-Buch des Hengel Schülers Markschies schlägt <strong>in</strong><br />
diese Kerbe. 29 Se<strong>in</strong> Verfasser sieht <strong>in</strong> der Gnosis ebenfalls e<strong>in</strong> re<strong>in</strong><br />
christliches Phänomen. Für ihre Entstehung im 2. Jahrhundert sei vor<br />
allem die griechische Philosophie von entscheidender Bedeutung<br />
gewesen. 30 Nach Markschies versuchten die Gnostiker „nach<br />
platonischem Vorbild e<strong>in</strong>en Mythos zu erzählen, der die biblischen<br />
Geschichten um die Teile ergänzte, die nach Me<strong>in</strong>ung vieler Gebildeter<br />
daran fehlten“, 31 kurz, die Gnosis sei e<strong>in</strong> Versuch „halbwegs gebildeter“<br />
Menschen, ihr Christentum auf dem Niveau der Zeit zu erklären. 32<br />
26 Lahe 2006, S. 222ff.<br />
27 von Harnack 1909, S. 250.<br />
28 Weiß 2008, S. 3.<br />
29 Markschies 2010; vgl. Markschies 1992.<br />
30 Markschies 2010, S. 68f.<br />
31 Markschies 2010, S. 116.<br />
32 Markschies 2010, S. 84.<br />
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© Hermann Deter<strong>in</strong>g <strong>–</strong> www.radikalkritik.de 2013