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Jesus versus Jaldabaoth – Gnostische Elemente in ... - Radikalkritik

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der Menschen“. Zum anderen hätte die antike jüdische Exegese Adams<br />

Sünde „nicht als Greifen nach der Gottgleichheit, sondern als<br />

Gebotsübertretung ausgelegt“. 63<br />

Statt des Adamtyps eröffnet sich für Vollenweider e<strong>in</strong> anderes<br />

biblisches Bezugsfeld, das exegetischen Gew<strong>in</strong>n verspricht: der Typus<br />

der gewaltigen Herrscher, „die <strong>in</strong> ihrer Machtfülle die letzten<br />

menschlichen Grenzen überschreiten und sich e<strong>in</strong>e göttliche Position<br />

anmassen“. 64 Sie seien mit <strong>Jesus</strong> vergleichbare E<strong>in</strong>zelgestalten und ihre<br />

Machtposition sei ebenso konstitutiv wie das <strong>in</strong> Phil 2:6 ankl<strong>in</strong>gende<br />

Motiv der Gottgleichheit. Indem Vollenweider diesem Bezugsfeld im<br />

E<strong>in</strong>zelnen nachgeht, gelangt er schließlich zu e<strong>in</strong>er „politischen<br />

Auslegung von Phil 2.6“, wor<strong>in</strong> der sich selbst erniedrigende Christus<br />

zum Gegenbild des sich selbst erhöhenden und so Gottgleichheit<br />

usurpierenden Herrschers geworden ist.<br />

Vollenweider hat für se<strong>in</strong>e These viele Befürworter und Anhänger<br />

gefunden. Zu den ersten, die auf se<strong>in</strong>en Zug aufsprangen, gehörte der<br />

Heidelberger Neutestamentler Theißen. Auch er sieht im<br />

„Philipperhymnus“ e<strong>in</strong> „Gegenbild zum Kaiser <strong>–</strong> zu jenen Menschen, die<br />

nach gottgleichem Status griffen. Christus geht den umgekehrten Weg.<br />

Er verzichtete auf se<strong>in</strong>e Gottgleichheit. Die Erlösungsbotschaft des<br />

Hymnus liegt daher nicht dar<strong>in</strong>, dass Christus für Sünder ans Kreuz g<strong>in</strong>g,<br />

sondern“, wie Theißen im modernen Kanzeljargon h<strong>in</strong>zufügt, „dass er<br />

durch den Weg ans Kreuz mit allen erniedrigten Opfern solidarisch<br />

wurde“. 65 Ähnliches kann man auch bei Schnelle, Becker und anderswo<br />

zu lesen. 66<br />

Solche und andere Sätze kl<strong>in</strong>gen gut <strong>–</strong> <strong>in</strong> ihrer abstrakten<br />

Allgeme<strong>in</strong>heit. Sie entsprechen dem Bedürfnis vieler heutiger Christen<br />

nach „politischer Theologie“. Wer etwas genauer h<strong>in</strong>sieht und auf e<strong>in</strong>er<br />

63 Vollenweider 1999, S. 419<br />

64 Vollenweider 1999, S. 419ff.<br />

65 Theißen 2006, S. 450.<br />

66 Schnelle 2003, S. 417: „Er verkörpert damit das Gegenbild zum sich selbst erhö-<br />

henden Herrscher.“<br />

Zu erwähnen ist schließlich noch die recht phantasievolle Annahme von Heen, der <strong>in</strong><br />

dem Hymnus das Dokument e<strong>in</strong>es „versteckten Widerstands“ gegen die römischen<br />

Herrscher sehen will, e<strong>in</strong> „garstiges politisches Lied“ also, das auf den Zusammenkünften<br />

der Christen gesungen worden se<strong>in</strong> soll. Heen 2004, S. 137: ”That is to say, <strong>in</strong> their<br />

assemblies, the followers of Christ may have sung that it was <strong>Jesus</strong> rather than the emperor<br />

who was deserv<strong>in</strong>g of the honorific isa theō.” - „When set aga<strong>in</strong>st the background<br />

of the use of isa theō <strong>in</strong> the contemporary civic and imperial cult <strong>in</strong> the Greek cities<br />

where Paul conducted his mission, however, it may be more appropriately understood<br />

as an expression of a hidden transcript that sets Christ over aga<strong>in</strong>st the Roman emperor.”<br />

© Hermann Deter<strong>in</strong>g <strong>–</strong> www.radikalkritik.de 2013

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